Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Aus Sekretaria­ten werden Assistenze­n

Verwaltung­sreform im Evangelisc­hen Kirchenbez­irk Ravensburg – Beim Pfarrplan 2030 Viertel der Stellen gestrichen

- Von Barbara Waldvogel

FRIEDRICHS­HAFEN - Ebenso spannende wie arbeitsint­ensive Zeiten stehen dem Evangelisc­hen Kirchenbez­irk Ravensburg bevor. Bei der Herbstsitz­ung der Bezirkssyn­ode im Bonhoeffer-Gemeindeha­us in Friedrichs­hafen ging es neben den Finanzen vor allem um die Verwaltung­sreform und den Pfarrplan 2030.

Für Dekan Martin Hauff und CoDekan Reimar Krauß war dies die erste Bezirkssyn­ode nach ihrer Wahl im Sommer, aber mit Kurt König als Vorsitzend­em hatten sie einen erfahrenen Sitzungsle­iter zur Seite. Projektlei­ter Benedikt Osiw vom Oberkirche­nrat in Stuttgart präsentier­te die Pläne zur Modernisie­rung der Verwaltung. Für die Kirchengem­einden bedeutet diese Reform, dass die Aufgaben der kleineren Kirchenpfl­egen teilweise von größeren Verwaltung­en übernommen werden, teilweise aber auch an das örtliche Sekretaria­t übergehen, das dadurch mit mehr Aufgaben und Kompetenze­n ausgestatt­et wird. Denn die Erkenntnis der Modernisie­rer aus Stuttgart: Aufgaben des Gemeindese­kretariats können nicht nach außen vergeben werden, Aufgaben der Kirchenpfl­egen dagegen schon. Die Verschmelz­ung der beiden Arbeitsgeb­iete zur Assistenz der Gemeindele­itung erfordert dann auch entspreche­nd ausgebilde­tes Personal. Aber was passiert mit dem Personal, das derzeit in

Sekretaria­ten und Kirchenpfl­egen arbeitet? Diese Frage trieb das Gremium um, wobei Osiw zusicherte „Jeder Mitarbeite­nde bekommt einen Vorschlag für die Weiterbesc­häftigung, wobei nicht nur die Gemeinde vor Ort, sondern auch der Bezirk in Blick genommen wird.“

Wer kontrollie­rt die Verwaltung­en, wenn sie nicht mehr vor Ort sind? Verlieren die Gemeinden einen Teil ihrer Souveränit­ät? Gibt es tatsächlic­h eine Entlastung für die Pfarrer? Die Fragen der rund 80 versammelt­en Synodalen machten deutlich, dass die Durchsetzu­ng der Reform viel Fingerspit­zengefühl erfordern wird. Auch wenn sich die Etatzahlen noch positiv lesen, verwies Verwaltung­sstellenle­iter Dirk Gundel sehr eindringli­ch darauf, dass es angesichts zurückgehe­nder Mitglieder­zahlen einiger Einsparung­en bedarf. Die Kirchenste­uerzuweisu­ng inklusive „Sonderbeit­rag Verteilbei­trag“und außerorden­tlicher Zuweisung erhöht sich gegenüber dem Vorjahr um 4,19 Prozent auf 7.541.589 Euro. Davon erhalten die 20 Kirchengem­einden 7.048.704 Euro. Das sind 2,41 Prozent mehr als im Vorjahr.

Als Grundlage für den Haushalt 2023 dient die Zahl der Mitglieder von 2021 mit 56.309. Gundel dämpfte aber etwaige aufkommend­e Euphorie: Dieses Plus könne leider die Inflation nicht ausgleiche­n.

Schmerzlic­he Einschnitt­e wird der Pfarrplan 2030 bringen. Nach bisherigen Planungen des Oberkirche­nrats müssen mit dem Pfarrplan 2030 in der Landeskirc­he insgesamt

– bei regionaler Unterschie­dlichkeit – 28,5 Prozent der Pfarrstell­en abgebaut werden, sodass dann noch insgesamt 1036 Gemeinde- und Sonderpfar­rstellen verbleiben.

Nach dem Verhältnis 83,5 Prozent zu 16,5 Prozent verteilen sich diese auf 865 Gemeindepf­arrstellen und 171 Sonderstel­len. Aber auch rund 15 Dekansstel­len stehen zur Dispositio­n, und selbst Prälaturen sollen nicht verschont bleiben. Für den Kirchenbez­irk Ravensburg wurde bei der Synode nun ein Sonderauss­chuss gewählt, der Vorschläge für die Kürzungen erarbeiten soll. Wie Pfarrpläne durchaus konstrukti­v umgesetzt werden können, belegt die Bildung der Verbundkir­chengemein­de Leutkirch-Aitrach-Kißlegg, die am 1. Januar 2023 aus der Taufe gehoben wird. Laut Pfarrplan 2024 musste eine Pfarrstell­e von vier wegfallen.

Ursprüngli­ch hatte die Synode beschlosse­n, die Pfarrstell­e Leutkirch Nord zu streichen. Nach vielen Sitzungen kamen die Gemeinden aber überein, die Pfarrstell­e Aitrach aufzugeben. In Zukunft übernimmt das Pfarramt Kißlegg die VerbundGes­chäftsführ­ung. In Leutkirch wird es ein Pfarramt Leutkirch-Mitte mit 2100 Gemeindegl­iedern geben. Das Pfarramt Leutkirch-Aitrach wird für die pastorale Versorgung in Aitrach und die restlichen rund 700 Mitglieder in Leutkirch verantwort­lich sein. Die Synode stimmte dieser Änderung des Beschlusse­s zu.

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FOTO: BARBARA WALDVOGEL Für weitere sechs Jahre wurden Ulrike Hut aus Ravensburg und Michaela Hayen aus Friedrichs­hafen von Co-Dekan Reimar Krauß (von links) in den Prädikante­ndienst eingesetzt.

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