Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Aus Sekretariaten werden Assistenzen
Verwaltungsreform im Evangelischen Kirchenbezirk Ravensburg – Beim Pfarrplan 2030 Viertel der Stellen gestrichen
FRIEDRICHSHAFEN - Ebenso spannende wie arbeitsintensive Zeiten stehen dem Evangelischen Kirchenbezirk Ravensburg bevor. Bei der Herbstsitzung der Bezirkssynode im Bonhoeffer-Gemeindehaus in Friedrichshafen ging es neben den Finanzen vor allem um die Verwaltungsreform und den Pfarrplan 2030.
Für Dekan Martin Hauff und CoDekan Reimar Krauß war dies die erste Bezirkssynode nach ihrer Wahl im Sommer, aber mit Kurt König als Vorsitzendem hatten sie einen erfahrenen Sitzungsleiter zur Seite. Projektleiter Benedikt Osiw vom Oberkirchenrat in Stuttgart präsentierte die Pläne zur Modernisierung der Verwaltung. Für die Kirchengemeinden bedeutet diese Reform, dass die Aufgaben der kleineren Kirchenpflegen teilweise von größeren Verwaltungen übernommen werden, teilweise aber auch an das örtliche Sekretariat übergehen, das dadurch mit mehr Aufgaben und Kompetenzen ausgestattet wird. Denn die Erkenntnis der Modernisierer aus Stuttgart: Aufgaben des Gemeindesekretariats können nicht nach außen vergeben werden, Aufgaben der Kirchenpflegen dagegen schon. Die Verschmelzung der beiden Arbeitsgebiete zur Assistenz der Gemeindeleitung erfordert dann auch entsprechend ausgebildetes Personal. Aber was passiert mit dem Personal, das derzeit in
Sekretariaten und Kirchenpflegen arbeitet? Diese Frage trieb das Gremium um, wobei Osiw zusicherte „Jeder Mitarbeitende bekommt einen Vorschlag für die Weiterbeschäftigung, wobei nicht nur die Gemeinde vor Ort, sondern auch der Bezirk in Blick genommen wird.“
Wer kontrolliert die Verwaltungen, wenn sie nicht mehr vor Ort sind? Verlieren die Gemeinden einen Teil ihrer Souveränität? Gibt es tatsächlich eine Entlastung für die Pfarrer? Die Fragen der rund 80 versammelten Synodalen machten deutlich, dass die Durchsetzung der Reform viel Fingerspitzengefühl erfordern wird. Auch wenn sich die Etatzahlen noch positiv lesen, verwies Verwaltungsstellenleiter Dirk Gundel sehr eindringlich darauf, dass es angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen einiger Einsparungen bedarf. Die Kirchensteuerzuweisung inklusive „Sonderbeitrag Verteilbeitrag“und außerordentlicher Zuweisung erhöht sich gegenüber dem Vorjahr um 4,19 Prozent auf 7.541.589 Euro. Davon erhalten die 20 Kirchengemeinden 7.048.704 Euro. Das sind 2,41 Prozent mehr als im Vorjahr.
Als Grundlage für den Haushalt 2023 dient die Zahl der Mitglieder von 2021 mit 56.309. Gundel dämpfte aber etwaige aufkommende Euphorie: Dieses Plus könne leider die Inflation nicht ausgleichen.
Schmerzliche Einschnitte wird der Pfarrplan 2030 bringen. Nach bisherigen Planungen des Oberkirchenrats müssen mit dem Pfarrplan 2030 in der Landeskirche insgesamt
– bei regionaler Unterschiedlichkeit – 28,5 Prozent der Pfarrstellen abgebaut werden, sodass dann noch insgesamt 1036 Gemeinde- und Sonderpfarrstellen verbleiben.
Nach dem Verhältnis 83,5 Prozent zu 16,5 Prozent verteilen sich diese auf 865 Gemeindepfarrstellen und 171 Sonderstellen. Aber auch rund 15 Dekansstellen stehen zur Disposition, und selbst Prälaturen sollen nicht verschont bleiben. Für den Kirchenbezirk Ravensburg wurde bei der Synode nun ein Sonderausschuss gewählt, der Vorschläge für die Kürzungen erarbeiten soll. Wie Pfarrpläne durchaus konstruktiv umgesetzt werden können, belegt die Bildung der Verbundkirchengemeinde Leutkirch-Aitrach-Kißlegg, die am 1. Januar 2023 aus der Taufe gehoben wird. Laut Pfarrplan 2024 musste eine Pfarrstelle von vier wegfallen.
Ursprünglich hatte die Synode beschlossen, die Pfarrstelle Leutkirch Nord zu streichen. Nach vielen Sitzungen kamen die Gemeinden aber überein, die Pfarrstelle Aitrach aufzugeben. In Zukunft übernimmt das Pfarramt Kißlegg die VerbundGeschäftsführung. In Leutkirch wird es ein Pfarramt Leutkirch-Mitte mit 2100 Gemeindegliedern geben. Das Pfarramt Leutkirch-Aitrach wird für die pastorale Versorgung in Aitrach und die restlichen rund 700 Mitglieder in Leutkirch verantwortlich sein. Die Synode stimmte dieser Änderung des Beschlusses zu.