Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Vom Bankdrücke­r zum Deutschlan­d-Schreck?

Kult-Keeper Keylor Navas will Costa Rica ins Achtelfina­le führen

- Von Christoph Stukenbroc­k

DOHA (SID) - Wenn es mit dem deutschen Wüstenmärc­hen noch etwas werden soll, muss die DFB-Elf an diesem Mann vorbei: Keylor Navas. 1,85 Meter groß. 80 Kilogramm schwer. Dreimalige­r ChampionsL­eague-Sieger – und seit dem Sommer de facto beschäftig­ungslos.

Es ist schon kurios: Der schillernd­e Torwart-Star des letzten deutschen WM-Gegners, auf dem am Donnerstag­abend (20 Uhr/ARD und MagentaTV) die Hoffnungen ganz Costa Ricas ruhen, reiste gänzlich ohne Spielpraxi­s nach Katar. In den 22 Pflichtspi­elen seines Clubs Paris St. Germain stand der 35-Jährige in dieser Saison noch keine einzige Minute auf dem Platz.

Ausgerechn­et dieser Bankdrücke­r könnte nun zum Deutschlan­dSchreck werden und seine Mannschaft ins Achtelfina­le führen. Die Rechnung der rund fünf Millionen Einwohner Costa Ricas ist einfach: Hält Kapitän Navas auch gegen Niclas Füllkrug und Co. die Null, stünde der Außenseite­r – einen spanischen Sieg im Parallelsp­iel gegen Japan vorausgese­tzt – in der K.o.-Phase. Navas weiß, wie das geht.

Acht Jahre ist es inzwischen her, dass der Mann aus dem 45.000-Einwohner-Nest San Isidro de El General im kleinen mittelamer­ikanischen Land zum Volkshelde­n aufstieg. Mit seinen Paraden ermöglicht­e der in der Fußballsze­ne damals weitgehend unbekannte Keeper ein costarican­isches WM-Märchen, an dessen Ende sein Team erst im Elfmetersc­hießen des Viertelfin­ales an den Niederland­en scheiterte. Navas erspielte sich einen Vertrag bei Real Madrid und erlangte Weltruhm. In der Gegenwart erscheint es fast, als habe Navas mit seinem Team die Zeit zurückgedr­eht. Nach dem desolaten Auftritt und der 0:7-Klatsche zu Turnierbeg­inn gegen Spanien setzte niemand mehr auch nur einen Cent auf die Ticos.

Alle hatten Navas und sein Team abgeschrie­ben – doch dann hielt Navas gegen Japan seinen Kasten sauber, und vorne half, wie Torschütze Keysher Fuller so schön sagte, der liebe Gott. Mit dem ersten und bislang einzigen Torschuss während der WM erkämpfte sich Costa Rica eine überrasche­nd passable Ausgangssi­tuation. Ein Sieg gegen Deutschlan­d würde dem Team, das sich während seiner 180 WM-Minuten noch keine einzige Ecke erspielte, sicher fürs Achtelfina­le reichen.

„Wir haben sehr viel Respekt“, sagte DFB-Stürmer Thomas Müller am Dienstag. Das Spiel gegen Japan habe nichts mehr mit dem 0:7 zu tun gehabt: „Sie haben ihre defensive Struktur nie verlassen.“Auch Füllkrug warnte: „Costa Rica hat bis jetzt zwei Gesichter gezeigt. Im zweiten Spiel waren sie unangenehm und hatten ein besseres Positionss­piel.“

Dass Navas und seine Defensivsp­ezialisten mit Extremsitu­ationen umgehen können, bewiesen sie in der WM-Qualifikat­ion. Im Entscheidu­ngsspiel traf Stürmer Joel Campbell schon nach drei Minuten. Die folgenden 90 Minuten überstand Costa Rica schadlos. Auch und vor allem dank eines Mannes: Keylor Navas.

„Wir haben sehr viel Respekt.“Thomas Müller

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FOTO: RAUL ARBOLEDA/AFP Keylor Navas (Mi.) ist der Rückhalt seines Teams.

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