Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Vom Bankdrücker zum Deutschland-Schreck?
Kult-Keeper Keylor Navas will Costa Rica ins Achtelfinale führen
DOHA (SID) - Wenn es mit dem deutschen Wüstenmärchen noch etwas werden soll, muss die DFB-Elf an diesem Mann vorbei: Keylor Navas. 1,85 Meter groß. 80 Kilogramm schwer. Dreimaliger ChampionsLeague-Sieger – und seit dem Sommer de facto beschäftigungslos.
Es ist schon kurios: Der schillernde Torwart-Star des letzten deutschen WM-Gegners, auf dem am Donnerstagabend (20 Uhr/ARD und MagentaTV) die Hoffnungen ganz Costa Ricas ruhen, reiste gänzlich ohne Spielpraxis nach Katar. In den 22 Pflichtspielen seines Clubs Paris St. Germain stand der 35-Jährige in dieser Saison noch keine einzige Minute auf dem Platz.
Ausgerechnet dieser Bankdrücker könnte nun zum DeutschlandSchreck werden und seine Mannschaft ins Achtelfinale führen. Die Rechnung der rund fünf Millionen Einwohner Costa Ricas ist einfach: Hält Kapitän Navas auch gegen Niclas Füllkrug und Co. die Null, stünde der Außenseiter – einen spanischen Sieg im Parallelspiel gegen Japan vorausgesetzt – in der K.o.-Phase. Navas weiß, wie das geht.
Acht Jahre ist es inzwischen her, dass der Mann aus dem 45.000-Einwohner-Nest San Isidro de El General im kleinen mittelamerikanischen Land zum Volkshelden aufstieg. Mit seinen Paraden ermöglichte der in der Fußballszene damals weitgehend unbekannte Keeper ein costaricanisches WM-Märchen, an dessen Ende sein Team erst im Elfmeterschießen des Viertelfinales an den Niederlanden scheiterte. Navas erspielte sich einen Vertrag bei Real Madrid und erlangte Weltruhm. In der Gegenwart erscheint es fast, als habe Navas mit seinem Team die Zeit zurückgedreht. Nach dem desolaten Auftritt und der 0:7-Klatsche zu Turnierbeginn gegen Spanien setzte niemand mehr auch nur einen Cent auf die Ticos.
Alle hatten Navas und sein Team abgeschrieben – doch dann hielt Navas gegen Japan seinen Kasten sauber, und vorne half, wie Torschütze Keysher Fuller so schön sagte, der liebe Gott. Mit dem ersten und bislang einzigen Torschuss während der WM erkämpfte sich Costa Rica eine überraschend passable Ausgangssituation. Ein Sieg gegen Deutschland würde dem Team, das sich während seiner 180 WM-Minuten noch keine einzige Ecke erspielte, sicher fürs Achtelfinale reichen.
„Wir haben sehr viel Respekt“, sagte DFB-Stürmer Thomas Müller am Dienstag. Das Spiel gegen Japan habe nichts mehr mit dem 0:7 zu tun gehabt: „Sie haben ihre defensive Struktur nie verlassen.“Auch Füllkrug warnte: „Costa Rica hat bis jetzt zwei Gesichter gezeigt. Im zweiten Spiel waren sie unangenehm und hatten ein besseres Positionsspiel.“
Dass Navas und seine Defensivspezialisten mit Extremsituationen umgehen können, bewiesen sie in der WM-Qualifikation. Im Entscheidungsspiel traf Stürmer Joel Campbell schon nach drei Minuten. Die folgenden 90 Minuten überstand Costa Rica schadlos. Auch und vor allem dank eines Mannes: Keylor Navas.
„Wir haben sehr viel Respekt.“Thomas Müller