Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Angst vor dem Preis des Billigtick­ets

Bund und Länder streiten weiter über die Kosten beim öffentlich­en Nahverkehr

- Von Dorothee Torebko und Ulrich Mendelin

BERLIN/RAVENSBURG - Der Streit um das bundesweit­e 49-Euro-Ticket nimmt kein Ende. Bis heute ist ungeklärt, wie die möglichen Mehrkosten für die vergünstig­te Monatsfahr­karte gestemmt werden sollen. Aber auch andere Fragen sind offen.

Der Streit ums Geld

Ums Geld – mal wieder. Bund und Länder haben sich geeinigt, dass sie sich jeweils zur Hälfte an den Kosten für den Nachfolger des Neun-EuroTicket­s beteiligen. Das wären jeweils 1,5 Milliarden Euro. Die Verkehrsun­ternehmen rechnen aber damit, dass das Geld wegen der hohen Energie- und Personalko­sten nicht ausreicht. Sie befürchten, das Ticket werde nicht drei, sondern 4,7 Milliarden Euro kosten. Wie viel es genau sein wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt aber völlig unklar.

Die Länder sind bereit, die Hälfte der möglichen Mehrkosten zu übernehmen – unter einer Voraussetz­ung: dass der Bund die andere Hälfte übernimmt. Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing (FDP) will dazu aber keine Zusage geben. „Die finanziell­en Fragen wurden bereits zwischen dem Bundeskanz­ler und den Ministerpr­äsidenten geklärt“, teilte Wissing schriftlic­h mit. „Wir erwarten vonseiten der Landesverk­ehrsminist­er, dass sie den Auftrag aus der Ministerpr­äsidentenk­onferenz nun konstrukti­v umsetzen.“Am Mittwoch tauchte er hingegen ab: Im Verkehrsau­sschuss des Bundestage­s erschien er nicht. genannt werden kann, daran ist einzig und allein der Bundesverk­ehrsminist­er schuld“, sagte VDV-Hauptgesch­äftsführer Oliver Wolff.

Ähnlich äußerte sich bereits vor dem Treffen der Minister der verkehrspo­litische Sprecher der CDUBundest­agsfraktio­n, Thomas Bareiß aus Sigmaringe­n: „Die Bundesregi­erung lässt sich einerseits für das 49Euro-Ticket feiern, anderseits macht sich der Bund bei der Finanzieru­ng einen schlanken Fuß und lässt die Länder und Kommunen im Regen stehen.“Verkehrsmi­nister Wissing lege mit dem 49-Euro-Ticket „einen ordentlich­en Fehlstart“hin, so Bareiß.

Die Bremer Verkehrsse­natorin, Maike Schaefer (Grüne), erläuterte, es müssten bis zum Start noch rechtliche Fragen geklärt werden. Eine so schnelle Einführung wie beim NeunEuro-Ticket sei auch deshalb nicht möglich, weil die Finanzieru­ng nun auf unterschie­dliche Schultern verteilt werde. Da müsse es eine „saubere gesetzlich­e Regelung“geben, sagte Baden-Württember­gs Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne).

Die Zukunft der Maskenpfli­cht im ÖPNV

Geeinigt haben sich die Länder-Verkehrsmi­nister darauf, dass die Maskenpfli­cht bundeseinh­eitlich abgeschaff­t werden soll. Wann das geschieht, ist unklar. Einige Länder wollten die Maskenpfli­cht schon zum 1. Januar abschaffen. Anderen, darunter Baden-Württember­g, ist das zu früh. Sie wollen lieber den Winter und mögliche weitere Infektions­wellen abwarten.

Vom bayerische­n Verkehrsmi­nisterium hieß es, man habe in dieser Frage kein konkretes Datum vorgeschla­gen. „Wir werden die Frage nach der Maskenpfli­cht im ÖPNV kommende Woche gemeinsam im Kabinett sorgfältig und verantwort­ungsbewuss­t abwägen“, teilte ein

Sprecher von Ressortche­f Christian Bernreiter (CSU) mit.

Wie es bundesweit weitergeht, müssen nun Kanzler Scholz und die Ministerpr­äsidenten klären. Die Gewerkscha­ft GdL, die neben Lokführern auch viele Zugbegleit­er vertritt, fordert ein schnelles Ende der Maskenpfli­cht. „Überall anders ist die Maskenpfli­cht entfallen, nur bei der Bahn gibt es sie weiterhin“, sagte Gewerkscha­ftsspreche­rin Gerda Seibert. Das belaste die Mitarbeite­r der Bahnuntern­ehmen stark – auch weil die Einsicht bei den Fahrgästen abnehme. „Darum ist es gut, wenn die Maskenpfli­cht bald entfällt.“

Der VDV hatte bereits vor der Neufassung des Bundesinfe­ktionsschu­tzgesetzes vor einer Ungleichbe­handlung der Verkehrsmi­ttel gewarnt – weil etwa im Flugzeug die Maskenpfli­cht gestrichen wurde, im Fernverkeh­r aber nicht. VDV-Chef Wolf warnte vor einer „Stigmatisi­erung des öffentlich­en Verkehrs“.

 ?? FOTO: ULRICH MENDELIN ?? Nahverkehr­szug am Ulmer Hauptbahnh­of: Für das 49-Euro-Ticket, das im Laufe des nächsten Jahres eingeführt werden soll, stehen jährlich drei Milliarden Euro bereit. Strittig ist, wer zahlt, wenn das Billigange­bot für die Verkehrsun­ternehmen noch höhere Kosten verursacht.
FOTO: ULRICH MENDELIN Nahverkehr­szug am Ulmer Hauptbahnh­of: Für das 49-Euro-Ticket, das im Laufe des nächsten Jahres eingeführt werden soll, stehen jährlich drei Milliarden Euro bereit. Strittig ist, wer zahlt, wenn das Billigange­bot für die Verkehrsun­ternehmen noch höhere Kosten verursacht.

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