Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Angst vor dem Preis des Billigtickets
Bund und Länder streiten weiter über die Kosten beim öffentlichen Nahverkehr
BERLIN/RAVENSBURG - Der Streit um das bundesweite 49-Euro-Ticket nimmt kein Ende. Bis heute ist ungeklärt, wie die möglichen Mehrkosten für die vergünstigte Monatsfahrkarte gestemmt werden sollen. Aber auch andere Fragen sind offen.
Der Streit ums Geld
Ums Geld – mal wieder. Bund und Länder haben sich geeinigt, dass sie sich jeweils zur Hälfte an den Kosten für den Nachfolger des Neun-EuroTickets beteiligen. Das wären jeweils 1,5 Milliarden Euro. Die Verkehrsunternehmen rechnen aber damit, dass das Geld wegen der hohen Energie- und Personalkosten nicht ausreicht. Sie befürchten, das Ticket werde nicht drei, sondern 4,7 Milliarden Euro kosten. Wie viel es genau sein wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt aber völlig unklar.
Die Länder sind bereit, die Hälfte der möglichen Mehrkosten zu übernehmen – unter einer Voraussetzung: dass der Bund die andere Hälfte übernimmt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will dazu aber keine Zusage geben. „Die finanziellen Fragen wurden bereits zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten geklärt“, teilte Wissing schriftlich mit. „Wir erwarten vonseiten der Landesverkehrsminister, dass sie den Auftrag aus der Ministerpräsidentenkonferenz nun konstruktiv umsetzen.“Am Mittwoch tauchte er hingegen ab: Im Verkehrsausschuss des Bundestages erschien er nicht. genannt werden kann, daran ist einzig und allein der Bundesverkehrsminister schuld“, sagte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.
Ähnlich äußerte sich bereits vor dem Treffen der Minister der verkehrspolitische Sprecher der CDUBundestagsfraktion, Thomas Bareiß aus Sigmaringen: „Die Bundesregierung lässt sich einerseits für das 49Euro-Ticket feiern, anderseits macht sich der Bund bei der Finanzierung einen schlanken Fuß und lässt die Länder und Kommunen im Regen stehen.“Verkehrsminister Wissing lege mit dem 49-Euro-Ticket „einen ordentlichen Fehlstart“hin, so Bareiß.
Die Bremer Verkehrssenatorin, Maike Schaefer (Grüne), erläuterte, es müssten bis zum Start noch rechtliche Fragen geklärt werden. Eine so schnelle Einführung wie beim NeunEuro-Ticket sei auch deshalb nicht möglich, weil die Finanzierung nun auf unterschiedliche Schultern verteilt werde. Da müsse es eine „saubere gesetzliche Regelung“geben, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).
Die Zukunft der Maskenpflicht im ÖPNV
Geeinigt haben sich die Länder-Verkehrsminister darauf, dass die Maskenpflicht bundeseinheitlich abgeschafft werden soll. Wann das geschieht, ist unklar. Einige Länder wollten die Maskenpflicht schon zum 1. Januar abschaffen. Anderen, darunter Baden-Württemberg, ist das zu früh. Sie wollen lieber den Winter und mögliche weitere Infektionswellen abwarten.
Vom bayerischen Verkehrsministerium hieß es, man habe in dieser Frage kein konkretes Datum vorgeschlagen. „Wir werden die Frage nach der Maskenpflicht im ÖPNV kommende Woche gemeinsam im Kabinett sorgfältig und verantwortungsbewusst abwägen“, teilte ein
Sprecher von Ressortchef Christian Bernreiter (CSU) mit.
Wie es bundesweit weitergeht, müssen nun Kanzler Scholz und die Ministerpräsidenten klären. Die Gewerkschaft GdL, die neben Lokführern auch viele Zugbegleiter vertritt, fordert ein schnelles Ende der Maskenpflicht. „Überall anders ist die Maskenpflicht entfallen, nur bei der Bahn gibt es sie weiterhin“, sagte Gewerkschaftssprecherin Gerda Seibert. Das belaste die Mitarbeiter der Bahnunternehmen stark – auch weil die Einsicht bei den Fahrgästen abnehme. „Darum ist es gut, wenn die Maskenpflicht bald entfällt.“
Der VDV hatte bereits vor der Neufassung des Bundesinfektionsschutzgesetzes vor einer Ungleichbehandlung der Verkehrsmittel gewarnt – weil etwa im Flugzeug die Maskenpflicht gestrichen wurde, im Fernverkehr aber nicht. VDV-Chef Wolf warnte vor einer „Stigmatisierung des öffentlichen Verkehrs“.