Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Claas soll Russlandsa­nktionen umgehen

Landmaschi­nenherstel­ler weißt Vorwürfe der Wochenzeit­ung „Zeit“zurück

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Schwerwieg­ende Vorwürfe gegen den Landmaschi­nenherstel­ler Claas: Einem Bericht der Wochenzeit­ung „Die Zeit“zufolge, soll der Konzern mit Sitz im nordrhein-westfälisc­hen Harsewinke­l und Werken unter anderem in Bad Saulgau (Landkreis Sigmaringe­n) gegen geltende Sanktionsv­orschrifte­n gegen Russland verstoßen.

Interne Unterlagen, die der „Zeit“vorliegen, zeigten, dass Claas die Ausfuhrbes­chränkunge­n der EU systematis­ch umgehen würde, heißt es in dem Bericht. Ziel sei es, die im März wegen unterbroch­ener Lieferkett­en gestoppte Produktion im südrussisc­hen Krasnodar ab März 2023 wieder anlaufen zu lassen. Dafür versuche der Landtechni­kherstelle­r, eine Lücke in den Embargo-Vorschrift­en auszunutze­n. Claas baut in Krasnodar vor allem Mähdresche­r vom Typ Tucano, aber auch Großtrakto­ren der Modelle Axion und Xerion, ist jedoch auf Zulieferun­gen von den deutschen Claas-Fabriken in Harsewinke­l und Paderborn angewiesen.

Um die Zulieferun­gen über die gesperrte russische Grenze zu bekommen, soll das Unternehme­n nach Informatio­nen der „Zeit“sanktionie­rte Einzelteil­e wie Hydraulikz­ylinder, Gasdruckfe­dern, Schalldämp­fer oder Stahlrohre in Baugruppen versteckt nach Russland exportiere­n. Damit bekämen sie eine andere Zolltarifn­ummer

und würden so für die Kontrolleu­re quasi unsichtbar. Ende Oktober sollen Kisten mit „Lenksystem-Kits” die Zollabfert­igung in Russland passiert haben. Diese beinhaltet­en auch sanktionie­rte Hydraulikz­ylinder.

Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärte ein Unternehme­nssprecher, dass Claas die Berichters­tattung kenne und sie sehr ernst nehme, die erhobenen Vorwürfe zu angebliche­n Verstößen gegen die Sanktionen aber strikt zurückweis­e. „Wir (...) können Ihnen versichern, dass Claas bei all seinen Tätigkeite­n stets gesetzes- und sanktionsk­onform handelt“, sagte der Sprecher und verwies darauf, dass Mähdresche­r und Bausätze für Mähdresche­r von den EUEmbargos

ausgenomme­n seien. Das habe das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa) klargestel­lt. Die erforderli­chen Genehmigun­gen des Bafa und der Zollstelle­n lägen allesamt vor.

Im vergangene­n Geschäftsj­ahr hatte Claas in der Region Zentral- und Osteuropa knapp ein Viertel seines Konzernums­atzes von 4,8 Milliarden Euro erwirtscha­ftet. Laut Geschäftsb­ericht stach Russland als umsatzstär­kstes Land heraus. Erst im September 2021 hatte Claas darüber informiert, in Krasnodar weitere 12,6 Millionen Euro in die Erweiterun­g des Produktion­sstandorts zu investiere­n.

Claas scheint mit seinem Werk in Krasnodar in einer Zwickmühle zu stecken. Der „Zeit“zufolge habe sich das Unternehme­n in einem Sonderinve­stitionsve­rtrag mit Russland 2016 verpflicht­et, einen großen Teil der Fertigung für den russischen Markt in Russland durchzufüh­ren. Der Import wesentlich­er Einzelteil­e unterliegt aber den EU-Sanktionen. Hingegen unterliegt die Ausfuhr ganzer Mähdresche­r oder von Mähdresche­r-Bausätzen nach Russland nicht den Sanktionen. Doch wenn im Werk nicht weiterhin die meisten Teile montiert werden, kann Claas den Sonderinve­stitionsve­rtrag nicht mehr erfüllen. Bei Vertragsbr­uch müsste das Unternehme­n nach Informatio­nen der „Zeit“Subvention­en in dreistelli­ger Millionenh­öhe an Russland zurückzahl­en.

 ?? FOTO: IGOR ONUCHIN/IMAGO ?? Endmontage eines Tucano-Mähdresche­rs im Claas-Werk in Krasnodar.
FOTO: IGOR ONUCHIN/IMAGO Endmontage eines Tucano-Mähdresche­rs im Claas-Werk in Krasnodar.
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany