Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mehr Handel mit Freunden

- Von Hannes Koch wirtschaft@schwaebisc­he.de

Eine Welt, die unter dem beherrsche­nden Einfluss von Diktatoren steht, wäre keine gute. Diese jedoch droht, wenn die westlichen Staaten jetzt nicht aufpassen. Die russische Regierung hat den Krieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen. Und die chinesisch­e Regierung will ihr autoritäre­s System zur stärksten Weltmacht aufrüsten. Das ist der Hintergrun­d, vor dem der Bundestag nun am Donnerstag – mit mehreren Jahren Verzug – das Handelsabk­ommen Ceta zwischen der Europäisch­en Union und Kanada ratifizier­t hat.

Die Welt sortiert sich neu. Deshalb muss man auch dieses Abkommen neu bewerten. Kritik, die vor fünf Jahren noch zentral erschien, macht in der aktuellen Lage einen etwas abseitigen Eindruck. Ja, das Abkommen beinhaltet auch neue Schiedsger­ichte, die Unternehme­n Klagen gegen den deutschen oder kanadische­n Staat ermögliche­n. Diese Sondergeri­chtsbarkei­t ist schwer zu begründen, weil ja die ordentlich­e Justiz in beiden Staaten auch Unternehme­n eine ausreichen­de Sicherheit bietet. Trotzdem konnte das nun kein Hindernis mehr sein.

Stattdesse­n sollte die Frage lauten: Mit welchen Staaten können sich Deutschlan­d und die Europäisch­e Union zusammentu­n, um dem Autoritari­smus etwas entgegenzu­setzen? Neben Kanada ist man da schnell bei Mittel- und Südamerika – Mexiko, Chile, der dortigen Wirtschaft­sgemeinsch­aft Mercosur unter anderem mit Brasilien und Argentinie­n. Oder auch bei den USA, wo der erste Anlauf zu TTIP, einem großen Handelsabk­ommen mit Europa, vor Jahren am damaligen Präsidente­n Donald Trump scheiterte, zur Freude der Globalisie­rungskriti­ker.

Verträge, die den wirtschaft­lichen Austausch mit vertrauens­würdigen Staaten befördern, sind gut. Die Basis bildet das gemeinsame Bekenntnis zu Demokratie, Menschenre­chten, individuel­ler Freiheit und freiem Handel. Auch dieser kann eine gute Sache sein, der für beide Seiten mehr Wohlstand schafft. Die Voraussetz­ung dafür ist, dass die Interessen der Unternehme­n nicht an oberster Stelle stehen, sondern mit dem Gemeinwohl ausbalanci­ert werden. Umgekehrt darf man die Anforderun­gen aber auch nicht zu hoch schrauben. Wenn man die moralische­n Maßstäbe von Misereor und Brot für die Welt anlegte, bliebe fast kein Land mehr übrig, mit dem sich Handel treiben ließe. Angesichts der Weltlage ist das keine Option.

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