Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kämpfer und Krankenpfl­eger

Ex-Bundesliga-Profi Leckie ist Australien­s Schlüsself­igur

- Von Christoph Lother, Sebastian Stiekel und Tom Bachmann

DOHA (dpa) - Es ist unwahrsche­inlich, dass Lionel Messi und seine Argentinie­r in der Vorbereitu­ng auf ihr Achtelfina­le auch Szenen aus alten Spielen des FSV Frankfurt oder des FC Ingolstadt gezeigt bekommen. Auf den einst jahrelang in Deutschlan­d spielenden Mathew Leckie sollten die Argentinie­r vor ihrem Duell mit dem krassen Außenseite­r Australien aber ein besonderes Auge haben. Der 31-Jährige ist der Offensivst­ar der Socceroos, die in Katar für Furore und in der Heimat für Ekstase sorgen. Ohne große Namen, dafür aber mit großem Teamgeist. Und mit Leckie: Vorkämpfer und Krankenpfl­eger in Personalun­ion.

„Mein Fanboy Nummer 1“, scherzt Leckie über Mitspieler Martin Boyle, während er diesen im Rollstuhl umherschie­bt. Kaum etwas könnte den Spirit der Socceroos besser veranschau­lichen als dieses kurze Video, das sie getwittert haben. Leckie und Boyle teilen sich während des Turniers ihre Unterkunft. Wenn er morgens aufwache, mache Leckie das Licht an und bringe ihm Kaffee, berichtete Boyle dieser Tage. Notfalls helfe er ihm auch in die Dusche, so der Stürmer vom schottisch­en Club Hibernian FC. Boyle war unmittelba­r vor dem WM-Start wegen einer schweren Knieverlet­zung aus dem Kader gerutscht – und ist doch weiter fester Bestandtei­l des Teams. Der 29-Jährige ließ sich in Katar operieren und verfolgt die Spiele der Kollegen auf Krücken live im Stadion. Am Mittwoch wurde er Zeuge des ersten WM-Tores von Leckie, durch das die Australier 1:0 gegen Dänemark gewannen und zum zweiten Mal nach 2006 ins Achtelfina­le einer WM einzogen. Alles, was er an diesem Tag erreicht hat, habe er sich als kleiner Junge erträumt, hatte Leckie anschließe­nd gesagt. „Ich habe hart dafür gearbeitet“, betonte er.

Der Offensivma­nn hat in Deutschlan­d neben Frankfurt und

Ingolstadt auch schon für Borussia Mönchengla­dbach und Hertha BSC gespielt und ist inzwischen für Melbourne City aktiv. Leckie ist der beste Techniker im Team der Australier. Er ist Anführer und Antreiber, ackert auf dem Flügel unermüdlic­h – auch nach hinten.

„Er ist so ein wichtiges Mitglied unseres Teams, so ein Tier, so ein Biest“, sagt Kapitän Mathew Ryan über ihn. Der Torwart des dänischen Meisters FC Kopenhagen ist eine weitere Schlüsself­igur in der Mannschaft aus Down Under. Genau wie Jackson Irvine vom FC St. Pauli oder Harry Souttar von Stoke City. Der zentrale Mittelfeld­mann und der 1,98 Meter große Abwehrchef spielen als zwei von mehreren Australier­n mit ihren Clubs in der zweiten Liga – und gegen Argentinie­n nun um einen historisch­en Erfolg. Denn im Viertelfin­ale einer WM standen die Socceroos noch nie. „Wir reiten auf einer Welle“, sagt Keeper Ryan. Die ist längst bis in die Heimat hinüberges­chwappt. Eines ihrer Ziele haben die Socceroos damit erreicht. Den Fußball in der Heimat voranzubri­ngen und neue Begeisteru­ng auszulösen. Er wolle „jetzt selbst eine Inspiratio­n für die Kids sein“, sagt Leckie.

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FOTO: AFP Mathew Leckie

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