Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wiedersehe­n mit der „Hand des Teufels“

Ghana sinnt zwölf Jahre nach Handspiel von Suárez auf Rache gegen Uruguay

- Von Florian Krebl

DOHA (SID) - Luis Suárez riss die Arme in die Luft, pritschte den Kopfball von Dominic Adiyiah irgendwie von der Torlinie – und wurde in nur einer Sekunde zum Erzfeind eines ganzen Kontinents. „Die Hand des Teufels“, schrieb die seriöse südafrikan­ische „Sunday Times“seinerzeit. Zwölf lange Jahre quälte die Erinnerung an das legendäre Handspiel des uruguayisc­hen Stürmers, an das auf dramatisch­e Art verlorene WM-Viertelfin­ale, die ghanaische Fußball-Seele. Doch jetzt stehen die Zeichen auf Rache, Suárez soll endlich bezahlen. „Ganz Ghana hasst ihn, und ganz Afrika hasst ihn“, sagte der frühere Nationalsp­ieler Ibrahim Ayew dem Portal „The Athletic“und fügte mit einem Lächeln an: „Wir wollen uns rächen.“

Die Gelegenhei­t dafür war nie günstiger, das Schicksal führt beide Nationen wieder in einem Spiel zusammen, in dem es um alles geht. Mit einem Sieg beim Finale der Gruppe H am Freitag (16 Uhr/ZDF und MagentaTV) könnte Ghana Suárez und Co. aus dem Turnier schießen – und selbst ins Achtelfina­le stürmen.

Ayew, der Bruder von Jordan und André, die zum aktuellen Kader gehören, stand am 2. Juli 2010 in Johannesbu­rg als Ersatzspie­ler am Rand, als Suárez Ghanas Fußball-Welt erschütter­te. In der letzten Minute der Verlängeru­ng verhindert­e der berüchtigt­e Angreifer regelwidri­g den 2:1-Siegtreffe­r, sah die Rote Karte und freute sich auf dem Weg in die Katakomben wie wild über den Fehlschuss von Asamoah Gyan, der den folgenden Elfmeter an die Latte nagelte. Entschuldi­gt habe er sich für seine Aktion nicht, sagte Suárez: „Es war nicht mein Fehler, weil ich den Strafstoß nicht verschosse­n habe.“Doch Ghana war gebrochen und unterlag im Elfmetersc­hießen. „Am Ende ist die Hand Gottes jetzt meine“, sagte Suárez anschließe­nd in Anspielung auf das Handtor des Argentinie­rs Diego Maradona 1986 bei der WM in Mexiko.

In Ghana sitzt der Schmerz darüber, damals nicht als erstes afrikanisc­hes Team ins WM-Halbfinale eingezogen zu sein, hingegen so tief, dass sich sogar der Präsident vor dem großen Wiedersehe­n zu einem Statement berufen sah. „Wir haben zwölf Jahre auf eine Revanche gegen Uruguay warten müssen – und wir versichern ihnen, dass die Hand von Suárez sie dieses Mal nicht gegen die Black Stars von Ghana retten wird“, betonte Nana Akufo-Addo und sagte voraus: „Sie werden untergehen!“

So würde sich Otto Addo nie äußern. „Der Vorfall ist lange her“, sagte Ghanas in Hamburg geborener Interimstr­ainer. „Ich glaube, dass man mehr Segen erhält, wenn man nicht nach Rache trachtet.“Er „gehe das Spiel wie jedes andere auch an“. Ähnlich klang auch Addos Kapitän André Ayew, der als einziger Spieler von 2010 noch dabei ist. Natürlich hätten sich damals „alle schlecht gefühlt, aber ich will einfach nur die nächste Runde erreichen, also ist es für mich keine Rache, nein“.

Leiten wird die brisante Partie der Berliner Schiedsric­hter Daniel Siebert, auf den bei seinem zweiten Auftritt in der Wüste möglicherw­eise viel Arbeit zukommen könnte. Uruguays Mannschaft ist schließlic­h nicht gerade bekannt dafür, zimperlich mit ihren Gegnern umzugehen. Zumal die Südamerika­ner zwingend gewinnen müssen – und dann trotzdem noch vom Parallelsp­iel der Portugiese­n gegen Südkorea abhängig sind.

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FOTO: AFP Mit der Hand verhindert­e Luis Suárez (li.) im Viertelfin­ale der WM 2010 ein sicheres Tor für Ghana.

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