Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Südkorea im Glück
Spätes Siegtor gegen Portugal beschert den Asiaten den Einzug ins Achtelfinale
AR-RAYYAN (SID) - Das bange Warten wollte einfach kein Ende nehmen. Nach ihrem dramatischen Last-Minute-Sieg gegen eine portugiesische B-Auswahl waren die Spieler von Südkorea in Tränen ausgebrochen, sie jubelten – stellten dann aber fest, dass ihr 2:1 (1:1) womöglich doch nicht reichen könnte: Uruguay hatte schließlich noch zehn Minuten Zeit, die Gefühlswelt der Asiaten noch einmal auf den Kopf zu stellen.
Als das gemeinsame Hoffen und Bangen mit dem Blick auf iPads und Handys schließlich vorüber war, kannten die Südkoreaner kein Halten mehr, die Spieler nicht, die vor Glück weinenden Fans erst recht nicht. Angeführt von Matchwinner Hee-Chan Hwang, Schütze des am Ende alles entscheidenden Siegtores (90.+1), rannte die Mannschaft auf ihre Anhänger zu und schmiss sich geschlossen auf den Bauch. „Ich bin sehr stolz, ich möchte allen koreanischen Fans danken. Es ist ein Geschenk für sie“, sagte Hwang. Aus den Stadionboxen dröhnte der Welthit „Gangnam Style“von Südkorea-Rapper Psy.
„Ich bin glücklich, es ist verdient, es wird erst mal gefeiert“, sagte Südkoreas portugiesischer Co-Trainer Sergio Costa, der seinen Chef gut vertrat: Paulo Bento, Portugiese, ehemaliger Nationalspieler und Portugals Nationaltrainer von 2010 bis 2014, saß auf der Tribüne. Nach dem 2:3 gegen Ghana hatte ihn Schiedsrichter Anthony Taylor, den er bestürmt hatte, als ersten Trainer der WM-Geschichte mit einer Roten Karte bestraft.
Tatsächlich wiesen Südkorea und Uruguay (2:0 gegen Ghana) die gleiche Punktzahl (4) und die gleiche Tordifferenz auf – die Asiaten (4:4) hatten allerdings mehr Treffer erzielt als Uruguay (2:2). Vor Hwangs goldenem Schuss war Ricardo Horta (5.) die Führung für Portugal gelungen, Young-Gwon Kim (27.) der Ausgleich.
Es war ein seltener Sieg: Von den vorherigen elf WM-Spielen hatten Südkorea lediglich das entscheidende Gruppenspiel 2018 gegen Deutschland gewonnen.
Portugal, im dritten Gruppenspiel auf insgesamt sechs Positionen verändert, war bereits sicher für das Achtelfinale qualifiziert gewesen. Superstar Ronaldo war von der Rotation selbstverständlich verschont geblieben, besaß aber bis zu seiner Auswechslung (65.) kaum Chancen, um mit einem neunten WMTreffer mit Portugals Rekordler Eusebio gleichzuziehen.
Dagegen fruchteten Costas Anweisungen, wenn auch spät. Bis zum Siegtreffer besaß Südkorea gute Chancen, drängte auf das dringend benötigte Siegtor – und durfte tatsächlich noch jubeln. Portugal-Trainer Fernando Santos gab sich missmutig: „Wir sind sauer, wir sind zwar Erster, wollten aber gewinnen, besser spielen und Selbstvertrauen tanken.“