Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Union hält am Wort „Verramschen“fest
SPD-Politikerin Dreyer mahnt weniger Polemik in der Debatte um Migrationspolitik an
BERLIN (dpa) - Die Reformvorhaben der Bundesregierung in der Migrationspolitik stehen weiter in der Kritik. Die CDU lehnt die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für eine beschleunigte Einbürgerung weiter ab.
Mit mehreren Gesetzesvorhaben will die Ampel die Migrationspolitik reformieren. Um mehr Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen, will sie etwa die Regeln für die Einreise und die Anerkennung von Berufsabschlüssen vereinfachen. Zudem sollen Zuwanderer den Plänen zufolge nach fünf Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können, bei „besonderen Integrationsleistungen“nach drei Jahren – statt bislang nach acht Jahren. Wer Deutscher oder Deutsche werden will, soll die alte Staatsbürgerschaft nicht mehr aufgeben müssen.
Allerdings gab es zuletzt innerhalb der Regierungspartei FDP auch Vorbehalte. So hatte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai beklagt, es gebe bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht und der Bekämpfung der illegalen Migration. Die erleichterte Einbürgerung ist im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbart.
„In der Frage um Einwanderung brauchen wir Lösungen und keine Polemik, mit der Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufgebracht werden“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Mainz. „Denn es geht dabei auch und insbesondere darum, die Interessen unseres Landes und unserer Bürgerinnen und Bürger zu vertreten.“ Sie wandte sich gegen den Vorwurf, dass die Staatsbürgerschaft „verramscht“werde.
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte im Deutschlandfunk, die geltenden Regelungen, denen zufolge Zuwanderer nach acht Jahren einen deutschen Pass erhalten können, seien „ein guter Kompromiss“. Sie ermöglichten, dass „zum Abschluss einer gelungenen Integration dann eben auch die deutsche Staatsbürgerschaft steht“. Dass Unionspolitiker davon sprachen, der deutsche Pass würde mit den Koalitionsplänen „verramscht“, hält Frei nicht für polemisch. „Das ist keine Polemik, sondern es ist lediglich sehr akzentuiert auf den Punkt gebracht, worum es geht.“Der Staat fordere auch von seinen Bürgerinnen und Bürgern etwas ein. Diese „Solidargemeinschaft“mache es notwendig, die Staatsbürgerschaft am Ende eines Integrationsprozesses zu sehen.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert rechnet nicht mit einem Koalitionsbruch durch die FDP. „Es wird jedoch im Moment erkennbar taktisch vorgegangen und das finde ich der Sache nicht angemessen“, sagte Kühnert der „Zeit“. „Wir verhandeln hier über die Chancen auf den weiteren Lebenswegen von Millionen Menschen.“Kühnert fügte an: „Leute, die oft seit Jahrzehnten hier sind, kriegen durch diese Debatten den Eindruck, sie seien Spielball politischer Stimmungen – trotz allem, was sie für die Gesellschaft geleistet haben.“Das seien Verletzungen, die blieben.