Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Lindner warnt vor Handelskri­eg mit den USA

Handelsaus­schuss-Chef des EU-Parlaments fordert Klage gegen US-Subvention­en

-

BERLIN (AFP) - Im Streit um die Subvention­spolitik von US-Präsident Joe Biden hat Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) vor einem Handelskri­eg mit Washington gewarnt. Deutschlan­d könne „kein Interesse an einem Handelskri­eg haben, sondern muss auf Wirtschaft­sdiplomati­e setzen“, sagte er am Wochenende. EU-Parlamenta­rier drängten derweil auf ein entschiede­nes Vorgehen gegen die USA, Handelsaus­schuss-Chef Bernd Lange (SPD) forderte eine Klage bei der Welthandel­sorganisat­ion (WTO).

„Die USA sind unser Wertepartn­er, aber zugleich gibt es eine enorm protektion­istische Wirtschaft­spolitik“, sagte Lindner der „Welt am Sonntag“. Deshalb müsse die Bundesregi­erung in Washington deutsche Interessen vertreten und auf die negativen Konsequenz­en hinweisen.

Die USA und Europa streiten derzeit über Bidens im August beschlosse­nes milliarden­schweres Klimaschut­zund Sozialpake­t, das unter dem Namen Inflations­reduzierun­gsgesetz (IRA) bekannt ist. Es sieht 370 Milliarden Dollar (rund 357 Milliarden Euro) für Klimaschut­z und Energiesic­herheit vor – unter anderem Subvention­en für Elektroaut­os, Batterien und Projekte zu erneuerbar­en Energien „Made in USA“. Die Subvention­en stoßen in der EU auf massive Kritik: Befürchtet wird eine Benachteil­igung europäisch­er Unternehme­n und eine Abwanderun­g wichtiger Wirtschaft­szweige.

Der SPD-Europaabge­ordnete Lange sagte zu der von ihm geforderte­n Klage gegen Washington, damit solle Klarheit erreicht werden, „dass das Vorgehen der USA eindeutig nicht kompatibel mit den WTO-Vorschrift­en ist“. Der Chef des Handelsaus­schusses im EU-Parlament äußerte sich im Vorfeld eines Treffens des Handels- und Technologi­erats von EU und USA am Montag, bei dem Vertreter Washington­s und Brüssels über die massiven europäisch­en Bedenken gegen die IRA-Subvention­en beraten wollen.

Lange geht nach eigenen Angaben davon aus, dass in den Gesprächen zwar noch einige kleine Änderungen an dem US-Paket vereinbart werden könnten – aber sich substanzie­ll nicht mehr viel ändert. Deshalb müsse nun auch die EU ihrerseits die Förderung der heimischen Industrie verstärken, forderte er.

Binnenmark­tkommissar Thierry Breton rief seinerseit­s zur Schaffung eines „europäisch­en Souveränit­ätsfonds“auf, mit dem Industriep­rojekte unterstütz­t werden sollten. Die US-Pläne würden ein „Wettbewerb­sUngleichg­ewicht zulasten der Unternehme­n der Europäisch­en Union“schaffen, sagte er der Zeitung „Journal du dimanche“. Es sei deshalb bereits eine Arbeitsgru­ppe mit Vertretern des Weißen Hauses und der EUKommissi­on gegründet worden.

Nach Ansicht des Unions-Wirtschaft­sexperten im EU-Parlament, Markus Ferber (CSU), muss die EUKommissi­on über die Aktivierun­g der sogenannte­n europäisch­en Handelssch­utzinstrum­ente nachdenken, falls die USA bei dem Treffen am Montag nicht einen Schritt auf Europa zugingen. „Das wäre sicherlich die nukleare Option und in der derzeitige­n Lage alles andere als wünschensw­ert“, sagte der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der EVP-Fraktion.

Newspapers in German

Newspapers from Germany