Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Advent, Advent, die Hütte brennt!“
KiTT präsentiert satirisches Weihnachtskabarett mit Madeleine Sauveur und Clemens Maria Kitsche
TETTNANG - Nostalgisches und Grausliges zum Thema Advent und Weihnachten hat die Kabarettistin Madeleine Sauveur mit ihrem Mann Clemens Maria Kitsche am Freitagabend im KiTT ans Tageslicht gefördert.
Kein Thema haben sie ausgelassen: Den DHL-Boten, der noch das letzte Paket bringt, dudelige Weihnachtsmärkte, die Jagd nach dem passenden Geschenk, den Weihnachtsfeier-Marathon vor dem Fest, die liebe Familie um den Baum, den Streit um Dioden oder Wachskerzen: „Mancher wünscht sich die Kerzen in die Kiste, mancher die Schwiegermutter.“
Ob früher alles besser war, fragen sie, weniger konsumorientiert, weniger gestresst? Wie soll man entspannt sein, wenn Kirchenchor, Kegelclub, Frauenlesekreis, Sportverein und Skatclub zur Weihnachtsfeier rufen, wenn der Kindergarten Kuchen erwartet?
Da sei schnell die Luft raus, der vorweihnachtliche Burnout programmiert. Mit Erzählungen und Chansons beleuchtet Madeleine Sauveur die Szenen, mal begleitet ihr Mann mit eigenen Arrangements am Klavier, mal spielt er Akkordeon, und sie trötet dazu oder zückt die kleine Trommel.
Ganz weihnachtlich wird’s, wenn sie – frei nach dem Motto „Wie versaue ich das Fest?“– auf die Knie gehen und vorführen, welch fragwürdiges Vergnügen das Flötenspiel der lieben Kleinen sein kann.
Auch die Frage „Wer spielt den Weihnachtsmann?“kann zum Problem werden, wenn Noch-Ehefrau und Noch-Ehemann ihre neuen Lebensabschnittsgefährten mitbringen und die jeweiligen Kinder zwischen Papi, Papa und Vati wählen sollen.
Wie klappt das Festhalten an einer Familientradition, wenn Gänseliebhaber auf überzeugte Veganer treffen, wenn Lametta bleifrei und der Tannenzweig öko sein muss?
Wie funktioniert eine umweltfreundliche, gendergerechte, political korrekte Quality-Time? „Man muss es sich doch schön machen.“So wird gleich zu Beginn das Tischchen dekoriert: mit elektrischer Flackerkerze, Tannenzweig, Räuchermännchen aus dem Erzgebirge und einer Christbaumkugel am Klavier. Sie schaut sich’s an und findet „alles Sch…, Müll und Kitsch“. Nostalgie funktioniert nicht mehr, die Gefühle bleiben ambivalent.
So reden und singen sich die zwei durch die sattsam bekannten Klischees, die sich um den Advent und das familiäre Weihnachtsfest mit seinen unterschiedlichen Erwartungen ranken, sie bringen auch mal Ausreißer wie den „Hühneraugen-Blues“beim Pilgern auf der Sinnsuche oder den Streit, wer beim Krippenspiel die Maria spielen darf: Da die Rothaarige dafür nicht in Frage kommt, darf sie stattdessen im stillen Kämmerlein Sex haben, schließlich gibt es heute keine jungfräuliche Geburt mehr.
Mit einem umfunktionierten „Hey Jude“alias „Hey Sud“dankten die beiden für den Applaus – man roch förmlich die verlockende Fleischbrühe, die für Veganer doch nicht in Frage kommt, weil „tote Tiere“drin waren.