Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Unternehmer fordern Bürokratieabbau
Massive Kritik an aktuellen Bedingungen - Ärger über Regulierungswut
KRESSBRONN (ah) - Fehlende Arbeitskräfte, zu viel Bürokratie auf allen Ebenen und Zuständigkeiten, nicht nachvollziehbare Gesetze und Verordnungen: Bei einer Podiumsdiskussion in der Weinmanufaktur Steinhauser in Kressbronn haben Vertreter mittelständischer Unternehmen im Gespräch mit dem CDUBundestagsabgeordneten Volker Mayer-Lay ihrem Frust freien Lauf gelassen. „Wenn das so weitergeht, fahren Kleinunternehmen, vor allem aber auch der Mittelstand, voll gegen die Wand. Es muss von der Politik dringend etwas unternommen werden, bevor es zu spät ist“, appellierte Martin Steinhauser in Richtung Mayer-Lay.
Corona, Lieferschwierigkeiten, Verkehrsprobleme, steigende Lohnkosten, Ukraine-Krieg, Energienot, Preisexplosionen bei Rohstoffen und Material, Wohnungsnot für Bürger und Beschäftigte: Das Unternehmertum in Deutschland kämpfe angesichts dieser Liste an Problemen um seine Existenz. Wie sehen Selbstständige aus der Region das Krisenmanagement der Politik? Um Antworten auf diese Frage zu bekommen, hatte Martin Steinhauser vom gleichnamigen Unternehmen in Kressbronn Michael Weiß (Meckatzer Brauerei), Martin Zapf (Versicherungsbranche), Joachim Zodel (Steuerberater), Klaus Widemann (Lindauer Fruchtsäfte), und Albert Liebermann (Hotel Lipprandt) sowie den Bundestagsabgeordneten Volker Mayer-Lay eingeladen.
Im Kern waren sich die Teilnehmer einig: Sie forderten neben weiteren Veränderungen vor allem bürokratische Erleichterungen. „Der unsägliche und ständig zunehmende Bürokratismus, die Regelungswut, muss ein Ende haben. Es geht um unsere Existenz und um die Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern und deren Familien. Es herrscht Unfrieden im Land“, mahnten Michael Weiß und Klaus Widemann stellvertretend für die Runde, die von der Opposition mehr Kante, mehr Offensive und mehr Einfluss zum Wohl der heimischen Wirtschaft forderte.
Als Beispiel für viele untragbare Umstände berichtete Martin Zapf, dass er unlängst für das Anbringen eines Werbetransparents am Haus eine Baugenehmigung samt Bauleiter gebraucht habe. Joachim Zodel prangerte an, dass der Bürger durch Auflagen und Rechtsvorschriften zunehmend unmündig gemacht werde: „In vielen Bereichen legt man dem Selbstständigen Steine in den Weg. Nichts geht mehr auf einfachem und nachvollziehbarem Weg. Auch die Dokumentationspflichten sind enorm.“„Wer als Unternehmer eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installieren möchte, habe keinen Spaß. Die Anträge und Zulassungskriterien
sind unzumutbar. Warum reagiert Grün-Rot hier nicht?“, tadelte und fragte sich Hotelier Albert Liebermann, der zudem anmerkte, dass zu liefernde Nachweise über seine Gäste für das statistische Bundesamt unverhältnismäßig im Aufwand und nicht nachvollziehbar seien.
Die Wirtschaft, betonte Martin Steinhauser, werde nicht erst seit gestern ausgebremst. So sei der Umstand, dass durch die Alterspyramide viele Arbeitskräfte in Zukunft und auf Dauer fehlen würden, seit Jahren bekannt: „Dagegen unternommen hat die Politik nichts. Jetzt haben wir das Dilemma.“
Volker Mayer-Lay stellte schließlich fest, dass Corona dabei ein Brandbeschleuniger gewesen sei und die Situation verschärft habe. „Jetzt kommen die geburtenschwachen Jahrgänge. Es fehlt an Fachkräften und Auszubildenden an allen Ecken und Enden. Es ist Zeit zu handeln. Wir müssen wieder mehr an uns denken.“Der CDU-Politiker versprach, sich des dringlichen Themas in Berlin anzunehmen.