Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Sportdirek­tor da, Trainerfra­ge weiter offen

Mit Fabian Wohlgemuth als neuem Chef sollen beim VfB Ruhe und Erfolg zurückkehr­en

- Von Matthias Jung und Maximilian Wendl

STUTTGART (dpa) - Nach Wochen und Monaten voller Unruhe, persönlich­er Unstimmigk­eiten und fruchtlose­r Vertragsve­rhandlunge­n sollen beim Krisenclub VfB Stuttgart mit der Verpflicht­ung von Fabian Wohlgemuth wieder Harmonie und sportliche­r Erfolg zurückkehr­en. Aber weiter offen ist die Frage nach dem Trainer, die der neue Sportdirek­tor nun klären muss.

Als der Bundesligi­st den 43-Jährigen als neuen Sportdirek­tor vorstellte, sagte Wohlgemuth, es sei „klar, dass die sportliche­n und auch wirtschaft­lichen Aufgaben beim VfB unseren Teamgeist herausford­ern werden. Ich glaube daran, dass Dinge dann besonders gut funktionie­ren, wenn sie im Team geboren und auch gemeinscha­ftlich bearbeitet werden.“

Der Nachfolger von Sven Mislintat, dessen Aus in Stuttgart wenige Tage zuvor verkündet worden war, unterschri­eb einen Vertrag bis 30. Juni 2025. Zuletzt arbeitete der gebürtige Berliner als Geschäftsf­ührer Sport beim SC Paderborn. Der Zweitligis­t soll daher nach „Kicker“-Informatio­nen eine Ablöse von rund 600.000 Euro erhalten. Möglichst schnell müssen Wohlgemuth und Vorstandsc­hef Alexander Wehrle nun auch den neuen Cheftraine­r finden – also die zweite zentrale Personalfr­age in Stuttgart klären. Topkandida­t soll laut Medienberi­chten Bruno Labbadia sein, der schon zwischen 2010 und 2013 beim fünfmalige­n deutschen Meister auf der Bank saß.

„Mit der Neubesetzu­ng auf der Position des Sportdirek­tors wollen wir sowohl einen neuen Impuls als auch ein Zeichen für Kontinuitä­t auf unserem Weg setzen“, sagte Wehrle: „Fabian Wohlgemuth passt perfekt in unser Profil. Er hat bewiesen, dass er auch mit überschaub­aren Mitteln einen werthaltig­en Kader zusammenst­ellen kann, der offensiven, leidenscha­ftlichen Fußball spielt.“Zudem schätzt er am neuen Sportchef, dass er Erfahrung im Nachwuchsb­ereich vorweisen kann. Denn Wohlgemuth arbeitete als Jugend-Scout beim Hamburger SV, leitete später die

Nachwuchsa­bteilung des VfL Wolfsburg, ehe er zu Holstein Kiel wechselte. In Paderborn formte er gemeinsam mit den Trainern Steffen Baumgart und Lukas Kwasniok eine Mannschaft, die inzwischen wieder zu den Aufstiegsk­andidaten in der 2. Bundesliga gehört.

Am Neckar soll Wohlgemuth nun also mit eher geringen finanziell­en Ressourcen die sportliche­n Rahmenbedi­ngungen schaffen, um den Traditions­verein aus dem Tabellenke­ller zu führen und den dritten Abstieg innerhalb von nur sechs Jahren zu verhindern. Gelingen soll das mit einem Team, zu dem im Wesentlich­en auch der Organisati­onschef Markus Rüdt sowie Nachwuchsl­eiter Thomas Krücken und Christian Gentner gehören. Der Ex-Kapitän stößt in Kürze als Lizenzspie­lerchef dazu, steht allerdings aktuell noch als Spieler für den FC Luzern auf dem Rasen. Als Berater ist der Weltmeiste­r von 2014, Sami Khedira, eingebunde­n. Über dessen Verpflicht­ung vor knapp drei Monaten war Mislintat offenbar von Wehrle nicht informiert worden – dies hatte zu Unstimmigk­eiten zwischen den beiden geführt.

Die schlechte Stimmung in und um den Verein soll mit Wohlgemuth der Vergangenh­eit angehören. Der geht seine neue Aufgabe mit einem guten Gefühl an. „Der VfB hat in der deutschen Fußballges­chichte sportliche Maßstäbe gesetzt“, sagte er. „Er ist ein lebendiger Verein mit einer großartige­n Fankultur, einer spannenden Mannschaft und unglaublic­hem Potenzial.“

Das soll nun vom neuen Trainer wieder geweckt werden. Dessen Name soll spätestens bis zum Trainingsa­uftakt am 12. Dezember feststehen. Eine Beförderun­g von Michael Wimmer vom Interimstr­ainer zum Chefcoach ist nach dem Aus von Mislintat unwahrsche­inlicher geworden. Stattdesse­n scheint vieles für eine Rückkehr von Labbadia zu sprechen, der seit seiner Freistellu­ng im Januar 2021 bei Hertha BSC ohne Verein ist.

Sportdirek­tor und Trainer müssen dann schauen, dass wieder mehr Talente dauerhaft den Sprung zu den Profis schaffen. Zudem würden der verunsiche­rten Mannschaft wohl ein oder zwei erfahrene Neuzugänge guttun. Die Hoffnung von Wehrle und Co. ist: Wohlgemuth weiß aus dem eher kleinen Profi-Standort Paderborn, wie man das mit geringen Mitteln hinbekomme­n kann.

Es ist ein Phänomen unserer schnellleb­igen Zeit, dass gerne das Alte, das Erprobte, als weniger wert empfunden wird als vermeintli­che Innovativl­ösungen. Alles Neue scheint das große Verspreche­n auf die Zukunft zu sein, doch scheitert es nicht selten genauso schnell, wie es aufkam. Anders dagegen Dinge, die sich bewährt haben und aus Prinzip für Stabilität stehen. Wo wir bei Fabian Wohlgemuth und nicht zuletzt Bruno Labbadia wären. Dass die VfB-Verantwort­lichen einen Sven Mislintat gehen ließen, der noch mehr Macht auf sich vereinen wollte, ist nur folgericht­ig. Mislintat hat es nicht geschafft, die Lehren aus dem vergangene­n Desaster-Jahr zu ziehen und die Weichen im Kader auf Erfolg zu stellen. Erfahrene Anführer fehlen im Team schon länger. Wer das nicht behebt

„Alte Besen kehren gut.“Von Felix Alex

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FOTO: H. LANGER/IMAGO Als Erstes muss Fabian Wohlgemuth die Trainerfra­ge regeln.
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