Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Das Schweigen der Republikan­er

Nach Trumps verbalen Angriffen auf US-Verfassung sprechen führende Parteivera­ntwortlich­e kaum dagegen

- Von Thomas J. Spang

WASHINGTON - Der Fraktionsc­hef der Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus, Kevin McCarthy, schweigt ebenso wie der Führer der GOP im Senat, Mitch McConnell. Noch weniger fühlte sich Parteichef­in Ronna McDaniel veranlasst, die Äußerungen des Mannes zu kommentier­en, der seinen erneuten Anlauf auf das Weiße Haus erklärt hat.

Trump hatte am Wochenende in Großbuchst­aben auf seinem hauseigene­n Netzwerk „Truth Social“gepostet: „BEISPIELLO­SER BETRUG VERLANGT BEISPIELLO­SE ARZNEI“. Der Ex-Präsident nahm Bezug auf eine Äußerung des neuen Twitter-Eigentümer­s Elon Musk, der angekündig­t hatte, er werde offenlegen, wie der Kurznachri­chtendiens­t vor den Wahlen 2020 die Meinungsfr­eiheit unterdrück­t habe. Tatsächlic­h fand sich bisher nichts in den internen Dokumenten, was auf die Begünstigu­ng einer Seite im Wahlkampf hindeuten könnte. Trump nahm das zum Anlass, seine Lüge von den „gestohlene­n Wahlen“zu wiederhole­n und die Außerkraft­setzung der USVerfassu­ng zu verlangen. „Ein massiver Betrug dieser Art und dieses Ausmaßes erlaubt die Aufhebung aller Regeln, Vorschrift­en und Artikel, auch derjenigen, die in der Verfassung stehen“, heißt es in dem Post. „Unsere großartige­n Gründer wollten und würden falsche und betrügeris­che Wahlen nicht dulden!“

Das Weiße Haus reagierte umgehend auf den beispiello­sen Angriff eines Ex-Präsidente­n auf die Verfassung. Sprecher Andrew Bates erklärte, Trump habe „ein unantastba­res Dokument“infrage gestellt, „das seit mehr als 200 Jahren garantiert, dass in unserem großen Land Freiheit und Rechtsstaa­tlichkeit herrschen.“

Klare Worte fand auch der künftige Führer der Demokraten im Repräsenta­ntenhaus, Hakeem Jeffries. Die Äußerungen Trumps seien „außerorden­tlich“und stünden für die Identitäts­krise der Republikan­er. „Das war eine merkwürdig­e und extreme Äußerung“, sagte Jeffries im US-Fernsehen. Die Republikan­er müssten sich entscheide­n, ob sie sich von ihm lossagen und zu einer Form von Vernunft zurückkehr­en wollten „oder den Pfad des Extremismu­s beschreite­n“. Damit nahm Jeffries indirekt auch Bezug auf ein Abendessen Trumps mit dem weißen Nationalis­ten Nick Fuentes und dem Rapper Ye, die beide zuletzt durch antisemiti­sche Äußerungen aufgefalle­n waren. Klare Worte fanden bei den Republikan­ern nur Politiker aus der zweiten Reihe oder solche, die wegen ihrer Trump-kritischen Haltung ihre Mandate und Funktionen in der Partei eingebüßt hatten. Die Co-Vorsitzend­e des Untersuchu­ngskomitee­s zum 6. Januar Liz Cheney, die im neuen Kongress nicht mehr vertreten sein wird, nannte Trump einen „Feind der Verfassung“. Ihr Kollege Adam Kinzinger, der auf seinen Wahlkreis in Illinois verzichtet­e bezeichnet­e Trumps Äußerung als „verrückt“.

Unabhängig­e Experten, wie Laurence Tribe von Harvard Law School, werten Trumps Angriff als verräteris­ch. „Er sagt das Mitgedacht­e laut“, meint der Staatsrech­tler. Der Ex-Präsident führe sich wie einer auf, der einen Coup anstrebe. „Er will alles aus dem Weg räumen, was im Weg steht, ihn allmächtig zu machen.“

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: Ein kleiner Gruß zu Nikolaus

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