Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Lambrecht verteidigt sich selbst
Verteidigungsministerin widerspricht Kritikern - Kauf von US-Jets bestätigt
BERLIN (dpa) - Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Entscheidung der Bundesregierung für den milliardenschweren Kauf neuer Tarnkappenjets in den USA bekräftigt. „Deutschland hält an seinem Engagement im Rahmen der Übereinkünfte der Nato zur nuklearen Teilhabe fest, auch durch den Kauf von Kampfjets des Typs F-35 mit dualer Einsatzfähigkeit“, schreibt der SPD-Politiker in einem Beitrag für das US-Medium „Foreign Affairs“. Die Flugzeuge sollen die überalterte Flotte aus Tornado-Kampfflugzeugen ablösen, mit denen die Luftwaffe bislang einen Beitrag zur nuklearen Abschreckung leistet. Nach Berichten über neue Risiken bei den Vorhaben berieten am Montag auch Haushälter der AmpelKoalition über das Projekt. An dem Treffen nahm zeitweise auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) teil, die in den vergangenen Tagen verstärkt in der Kritik stand.
Sie wehrte sich am Montag in einem „Spiegel“-Interview und sah die Verantwortung für die schlechte Ausrüstung der Bundeswehr bei ihren Vorgängern, die zuletzt aus der Union kamen. „Was in Jahren und Jahrzehnten versäumt worden ist, kann auch ich nicht im Handstreich wieder in Ordnung bringen“, sagte sie. Konkret bemängelte Lambrecht, dass in den letzten Jahren keine Munition angeschafft worden sei. Sie forderte von Scholz, dass dieser schon 2024 den Verteidigungshaushalt deutlich erhöhen müsse. „Zu glauben, dass man mit 50 Milliarden Euro irgendwie durchkommt, wird nicht funktionieren, und das ist auch allen bewusst“, sagte Lambrecht. Das Interview wurde vor den Beratungen am Montag gegeben. „Wir haben heute noch mal deutlich gemacht, dass die F-35 ein Projekt höchster Priorität ist und der vollen Aufmerksamkeit der Ministerin bedarf. Die F-35 soll die nukleare Teilhabe Deutschland sicherstellen. Das zeigt, die Nachfolge des Tornados ist ein zentrales verteidigungspolitisches Projekt“, sagte der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein (FDP) nach dem Treffen. Es gehe um erhebliche Investitionen von über zehn Milliarden Euro. „Wenn die Zeitschiene gerissen wird, entstehen erhebliche Folgekosten für die weitere Nutzung des Tornados. Dies muss verhindert werden“, sagte Klein. Das Verteidigungsministerium müsse alle Voraussetzung schaffen. Dies gelte für die Zulassung wie auch für die baulichen Einrichtungen zum Betrieb der neuen Maschinen. Das Verteidigungsministerium widersprach Berichten über erhebliche neue Risiken.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags sei in einer 25-Millionen-Euro-Vorlage darüber informiert worden, welche Aspekte des Projektes noch unklar seien und wie die Folgen und die Wahrscheinlichkeit von Problemen abgemildert werden sollen, sagte ein Sprecher in Berlin. „Es gibt keine Krise. Es gibt derzeit kein Problem in der Planung, auch nicht in der Infrastruktur“, sagte der Sprecher. Laut Vorlage an den Ausschuss sei das Projekt „deutlich auf einem guten Weg“und „alles grün“.
Die „Bild am Sonntag“hatte am Wochenende über eine geheime Vorlage berichtet, in der das Verteidigungsministerium vor erheblichen Risiken des Geschäfts warne, die auch den Umbau des Flugplatzes in Büchel (Rheinland-Pfalz) und die Erteilung der nationalen Zulassung der Flugzeuge betreffen könnten. Deutschland beteiligt sich seit Jahrzehnten mit eigenen Kampfjets an der nuklearen Abschreckung der Nato. Sie sind auf dem Fliegerhorst Büchel in der rheinland-pfälzischen Eifel stationiert, um im Ernstfall dort gelagerte US-Atombomben einzusetzen. Dies wird als nukleare Teilhabe bezeichnet. Die derzeit dafür vorgesehenen Tornados sollen nun durch die moderneren Tarnkappenjets F-35 ersetzt werden, eines der größten Rüstungsprojekte der Bundeswehr.
Zuletzt hatte es verstärkten Unmut über die schleppend angelaufene Beschaffung von Ausrüstung und Waffen gegeben, die neun Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nicht genug in Gang gekommen sei. Lambrecht steht dafür in der Kritik.