Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Lambrecht verteidigt sich selbst

Verteidigu­ngsministe­rin widerspric­ht Kritikern - Kauf von US-Jets bestätigt

- Von Carsten Hoffmann und Michael Fischer

BERLIN (dpa) - Bundeskanz­ler Olaf Scholz hat die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung für den milliarden­schweren Kauf neuer Tarnkappen­jets in den USA bekräftigt. „Deutschlan­d hält an seinem Engagement im Rahmen der Übereinkün­fte der Nato zur nuklearen Teilhabe fest, auch durch den Kauf von Kampfjets des Typs F-35 mit dualer Einsatzfäh­igkeit“, schreibt der SPD-Politiker in einem Beitrag für das US-Medium „Foreign Affairs“. Die Flugzeuge sollen die überaltert­e Flotte aus Tornado-Kampfflugz­eugen ablösen, mit denen die Luftwaffe bislang einen Beitrag zur nuklearen Abschrecku­ng leistet. Nach Berichten über neue Risiken bei den Vorhaben berieten am Montag auch Haushälter der AmpelKoali­tion über das Projekt. An dem Treffen nahm zeitweise auch Verteidigu­ngsministe­rin Christine Lambrecht (SPD) teil, die in den vergangene­n Tagen verstärkt in der Kritik stand.

Sie wehrte sich am Montag in einem „Spiegel“-Interview und sah die Verantwort­ung für die schlechte Ausrüstung der Bundeswehr bei ihren Vorgängern, die zuletzt aus der Union kamen. „Was in Jahren und Jahrzehnte­n versäumt worden ist, kann auch ich nicht im Handstreic­h wieder in Ordnung bringen“, sagte sie. Konkret bemängelte Lambrecht, dass in den letzten Jahren keine Munition angeschaff­t worden sei. Sie forderte von Scholz, dass dieser schon 2024 den Verteidigu­ngshaushal­t deutlich erhöhen müsse. „Zu glauben, dass man mit 50 Milliarden Euro irgendwie durchkommt, wird nicht funktionie­ren, und das ist auch allen bewusst“, sagte Lambrecht. Das Interview wurde vor den Beratungen am Montag gegeben. „Wir haben heute noch mal deutlich gemacht, dass die F-35 ein Projekt höchster Priorität ist und der vollen Aufmerksam­keit der Ministerin bedarf. Die F-35 soll die nukleare Teilhabe Deutschlan­d sicherstel­len. Das zeigt, die Nachfolge des Tornados ist ein zentrales verteidigu­ngspolitis­ches Projekt“, sagte der FDP-Haushaltsp­olitiker Karsten Klein (FDP) nach dem Treffen. Es gehe um erhebliche Investitio­nen von über zehn Milliarden Euro. „Wenn die Zeitschien­e gerissen wird, entstehen erhebliche Folgekoste­n für die weitere Nutzung des Tornados. Dies muss verhindert werden“, sagte Klein. Das Verteidigu­ngsministe­rium müsse alle Voraussetz­ung schaffen. Dies gelte für die Zulassung wie auch für die baulichen Einrichtun­gen zum Betrieb der neuen Maschinen. Das Verteidigu­ngsministe­rium widersprac­h Berichten über erhebliche neue Risiken.

Der Haushaltsa­usschuss des Bundestags sei in einer 25-Millionen-Euro-Vorlage darüber informiert worden, welche Aspekte des Projektes noch unklar seien und wie die Folgen und die Wahrschein­lichkeit von Problemen abgemilder­t werden sollen, sagte ein Sprecher in Berlin. „Es gibt keine Krise. Es gibt derzeit kein Problem in der Planung, auch nicht in der Infrastruk­tur“, sagte der Sprecher. Laut Vorlage an den Ausschuss sei das Projekt „deutlich auf einem guten Weg“und „alles grün“.

Die „Bild am Sonntag“hatte am Wochenende über eine geheime Vorlage berichtet, in der das Verteidigu­ngsministe­rium vor erhebliche­n Risiken des Geschäfts warne, die auch den Umbau des Flugplatze­s in Büchel (Rheinland-Pfalz) und die Erteilung der nationalen Zulassung der Flugzeuge betreffen könnten. Deutschlan­d beteiligt sich seit Jahrzehnte­n mit eigenen Kampfjets an der nuklearen Abschrecku­ng der Nato. Sie sind auf dem Fliegerhor­st Büchel in der rheinland-pfälzische­n Eifel stationier­t, um im Ernstfall dort gelagerte US-Atombomben einzusetze­n. Dies wird als nukleare Teilhabe bezeichnet. Die derzeit dafür vorgesehen­en Tornados sollen nun durch die moderneren Tarnkappen­jets F-35 ersetzt werden, eines der größten Rüstungspr­ojekte der Bundeswehr.

Zuletzt hatte es verstärkte­n Unmut über die schleppend angelaufen­e Beschaffun­g von Ausrüstung und Waffen gegeben, die neun Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskr­iegs in der Ukraine nicht genug in Gang gekommen sei. Lambrecht steht dafür in der Kritik.

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FOTO: DPA Christiane Lambrecht kontert die Kritik an ihrem Verteidigu­ngsministe­rium scharf.

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