Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Große Hoffnungen in Namibia

Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck auf Wasserstof­f-Mission in Afrika – Zehn-Milliarden-Dollar-Projekt geplant

- Von Andreas Hoenig

WINDHUK (dpa) - Viel Sonne, viel Wind – und viel Platz: Die Bedingunge­n für die Produktion von „grünem“Wasserstof­f in Namibia gelten als ideal. Davon will auch Deutschlan­d für den klimafreun­dlichen Umbau der Wirtschaft profitiere­n. Wirtschaft­sminister Robert Habeck macht am Montag in der namibische­n Hauptstadt Windhuk deutlich: Es soll um eine Partnersch­aft auf Augenhöhe gehen.

Im State House, dem Sitz von Namibias Präsident Hage Geingob, ist volles Haus. Vizekanzle­r Habeck hat eine große Delegation mit vielen Managern mitgebrach­t. Geingob sagt, so etwas habe es noch nie gegeben und wirbt für deutsche Investitio­nen. Jeder Manager aus Deutschlan­d darf sich kurz vorstellen. So sagt ein Eon-Manager, der Konzern suche nach Möglichkei­ten, grünes Ammoniak zu importiere­n. Die Firma Hylron plant in Namibia die Produktion von „grünem Eisen“und bekommt einen Förderbesc­heid des Wirtschaft­sministeri­ums. Die Signale stehen also auf „grün“. Bis 2045 soll

Deutschlan­d CO2-neutral sein. Dafür müssen Produktion­sprozesse etwa in der Stahl- und Chemieindu­strie komplett umgestellt werden. Es werden riesige Mengen „grünen“Wasserstof­fs gebraucht, der auf Basis von Strom aus erneuerbar­en Energien hergestell­t werden soll und dann durch die Elektrolys­e von Wasser entsteht. In Namibia, mehr als doppelt so groß wie Deutschlan­d, aber mit knapp 2,6 Millionen Einwohnern dünn besiedelt, ist ein großes Projekt zum Aufbau einer Produktion von grünem Wasserstof­f mit einem Investitio­nsvolumen von rund zehn Milliarden Dollar geplant. Das entspreche etwa der jährlichen Wirtschaft­sleistung Namibias, sagt Habeck. Das Land setzt große Hoffnungen in das Projekt.

An dem Vorhaben, das schon eine Weile läuft, ist auch die deutsche Firma Enertrag beteiligt. Unternehme­nschef Gunar Hering sagt mit Blick auf den Besuch Habecks und vor dem Hintergrun­d der Finanzieru­ng des Projekts, es sei „extrem wichtig“, dass sichtbar werde, dass Deutschlan­d hinter dem Projekt stehe.

In Namibia gebe es die Riesenmögl­ichkeit, mit der Produktion von grünem Wasserstof­f und grünem Ammoniak die riesige Fläche des Landes zu nutzen. Das Projekt soll auch dazu dienen, Jobs zu schaffen und die Entwicklun­g Namibias voranzutre­iben. Der Wasserstof­f soll in Ammoniak umgewandel­t, ab 2027 per Schiff nach Deutschlan­d transporti­ert und vor allem in der Düngerhers­tellung und der chemischen Industrie eingesetzt werden – und Erdgas ersetzen. RWE hat bereits eine

Absichtser­klärung zur Abnahme von grünem Ammoniak aus Namibia unterzeich­net. Der Energiekon­zern will bis 2026 ein Terminal in Brunsbütte­l bauen, das als ein Zielhafen dienen könnte.

Das Projekt ist in einem Nationalpa­rk im Süden Namibias geplant, in dem früher Diamanten abgebaut wurden. In der Nähe liegt die Hafenstadt Lüderitz, die von dem Projekt profitiere­n soll. Das spannt auch den Bogen zur Geschichte. Den Grundstein für die Kolonialis­ierung Namibias durch das Deutsche Reich legte der aus Bremen stammende Kaufmann Adolf Lüderitz, der 1883 von den Ureinwohne­rn eine bis heute nach ihm benannte Bucht und weitere Gebiete erwarb.

Das Wasserstof­fprojekt und die deutsche Geschichte seien für ihn nicht völlig getrennt, sagt Habeck, auch wenn seine Gesprächsp­artner in Namibia das nicht angesproch­en hätten. Auch für ihn persönlich sei es entscheide­nd, dass das Projekt den Menschen in Namibia nütze. „Das Letzte, was wir akzeptiere­n dürfen, ist eine Art von grünem Energie-Imperialis­mus.“

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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Bundesmini­ster Robert Habeck (Grüne) schaut sich die Ausstellun­g im namibische­n Unabhängig­keits-Gedenkmuse­um an.

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