Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Polizei muss Angeklagten abholen
Wohnungstür der Ex-Freundin mit der Axt eingeschlagen – 24-Jähriger zu Freiheitsstrafe verurteilt
Chaos anzurichten. Die junge Frau, die seit Monaten keinen Kontakt zu ihm hatte, war nicht zu Hause, was der Täter offenbar wusste.
Dafür war jedoch deren Katze daheim, die nach der erlebten Randale des jungen Mannes drei Tage später starb. In der Wohnung suchte der Angeklagte nach Wertsachen, ließ eine Kamera und etwas Geld mitgehen. Der Sachschaden an der Tür beläuft ich auf 750 Euro und ist noch nicht entschädigt.
Weitere Anklagepunkte: Im Januar 2022 war der Angeklagte mit einem Auto und reichlich Alkohol im Blut in Friedrichshafen unterwegs. Die Polizei stoppte ihn. Ein Alkoholtest zeigte 2,19 Promille an. Mit 2,25 Promille und einem Fahrrad verursachte er außerdem in einer anderen Gemeinde einen Sachschaden an einem Auto in Höhe von rund 4000 Euro. Im Vorstrafenregister finden sich zudem der unerlaubte Erwerb von Betäubungsmitteln und Sachbeschädigung. In der Verhandlung machte der 24-Jährige keine Angaben. Dabei hatte er bei der Polizei noch ausgesagt.
Die 28-jährige Ex-Freundin befand sich zum Zeitpunkt des Einbruchs bei Freunden in Thüringen. Sie berichtete während der Verhandlung von telefonisch angekündigten Drohungen des Angeklagten, der komplett zersplitterten Wohnungstür nach ihrer Rückkehr und einem „totalen Chaos“in ihrer Wohnung. Sogar Blutflecken habe sie entdeckt. Der Täter war über eine Webcam rasch ermittelt.
Polizeibeamte im Zeugenstand sagten aus, der Beschuldigte habe angegeben, betrunken gewesen zu sein. Sieben bis acht Flaschen Bier wollte er konsumiert und die Axt anschließend weggeworfen haben. Über seine Verteidigerin ließ der 24Jährige mitteilen, vollumfänglich geständig zu sein.
Da er sich nicht selbst äußerte, verlas Richter Märkle Erklärungen aus seiner polizeilichen Vernehmung, als er berichtete, sein später von den Taliban ermordeter Vater sei Offizier bei der Sicherheitsbehörde in Afghanistan gewesen. Unter dem Taliban-Regime habe die gesamte Familie gelitten, die Mutter und eine
Schwester würden dort heute noch verfolgt. Obwohl die Familie zur Oberschicht zählte, habe es für ihn nicht zu einer teuren Schulbildung gereicht.
2013 habe er die Provinz, in der die Familie gelebt habe, verlassen und sei in Richtung Iran losgelaufen. Sechs Monate habe er dort auf dem Bau gearbeitet, sei dann über die Türkei und Griechenland nach Deutschland, in die Erstaufnahme nach Karlsruhe und von dort nach Meckenbeuren gekommen.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft plädierte für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Ohne Bewährung; nachdem der junge Mann frühere Straftaten in der Bewährungszeit begangen hat. Der Staatsanwalt hatte keine positiven Erwartungen hinsichtlich seiner Zukunft. Sein Wunsch an den Angeklagten: Er möge sein Leben in den Griff bekommen.
Die Pflichtverteidigerin – der Wahlverteidiger hatte kurz nach Prozessbeginn sein Mandat niedergelegt – sah bei ihrem Mandanten wegen dessen Alkoholproblems eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit. Ihr Antrag: eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten mit Bewährung, nachdem die vorausgegangene Bewährung erst gegen Ende des Auslaufens gebrochen worden sei.
Das Urteil lautete schließlich: eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten – allerdings ohne Bewährung. Eine verminderte Schuldfähigkeit konnte das Gericht nicht erkennen und eine günstige Sozialprognose stellte es dem Angeklagten nicht aus. Richter und Schöffen hatten im Übrigen nicht den Eindruck, dass der junge Mann nicht in der Lage gewesen sein soll, am Prozesstag aus dem Zentrum für Psychiatrie vorgeführt werden zu können, wie man das aus dem ZfP signalisiert hatte.
„Sie wollten sich heute vor dem Verfahren drücken“, betonte der Vorsitzende. Er warf dem Angeklagten vor, „super Deutsch“zu sprechen, aber nichts daraus zu machen und sich nicht um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Das sei schade. Auch deshalb gebe es keine Bewährung.