Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Friedrichs­hafener Kinderklin­ik ist rappelvoll

Infektions­welle und wenig Personal – Chefarzt: „Wir sind kontinuier­lich überbelegt“

- Von Sandra Philipp

FRIEDRICHS­HAFEN - Seit Monaten arbeiten die Kinderklin­iken am Limit. Vor allem Personalen­gpässe haben in den vergangene­n Monaten den Arbeitsall­tag erschwert. Nun kommen noch Atemwegser­krankungen und die Grippe hinzu. Das bringt auch die Kinderklin­ik am Medizincam­pus Bodensee (MCB) zunehmend in Bedrängnis.

„Gemessen an der Zahl unserer Pflegekräf­te sind wir seit etwa einem Monat kontinuier­lich überbelegt“, berichtet Dr. Steffen Kallsen (Foto: MCB), Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendlich­e am Klinikum in Friedrichs­hafen.

Mit dem Beginn der Winterzeit häufen sich Atemwegser­krankungen – auch in der Häfler Kinderklin­ik. „Zur Zeit werden besonders viele kleine Kinder mit Atemnot und hohem Fieber vorgestell­t“, berichtet Kallsen. Ursache sei, neben anderen typischen Erregern von Atemwegser­krankungen, vermehrt das RS-Virus sowie zunehmend das InfluenzaV­irus Typ A – also der Auslöser der echten Grippe. Kleine Kinder seien dabei nicht nur durch den Infekt selbst bedroht, sondern müssten vor einem gefährlich­en Flüssigkei­tsmangel bewahrt werden, da sie nicht genug trinken.

Der Pflegenots­tand habe schon längere Zeit die Kinderkran­kenhäuser erreicht, berichtet Kallsen. Die Folge sei ein Abbau der Bettenkapa­zitäten in der allgemeine­n sowie in der Intensivve­rsorgung der kleinen Patienten. Laut Kallsen ist das ein Problem im System, das alle Kliniken betrifft. Bei steigenden Fallzahlen in der Region könne man Patienten nicht mehr so einfach an andere Häuser verweisen. „Die Kinderklin­iken versuchen sich zwar so gut es geht untereinan­der zu unterstütz­en, doch die Patientens­tröme reißen nicht ab. Das gilt auch für Friedrichs­hafen“, berichtet der Chefarzt. „Es besteht durchaus das Risiko, dass im Laufe dieser Pandemie nicht alle kranken Kinder gemäß ihrer Bedürfniss­e stationär versorgt werden können.“Erschweren­d für die Kinderklin­iken sei, dass nach wie vor viele Kinder mit nur leichten Symptomen von ihren

Eltern in der

Notaufnahm­e vorgestell­t würden. Er wünscht sich von diesen mehr Verständni­s und verweist an die niedergela­ssenen Kinderärzt­e: „Unsere Aufgabe muss sein, die kränkeren Kinder zu versorgen.“In der Regel gelinge es im Häfler Klinikum immer noch ein Bett für ein krankes Kind zu finden. „Tageweise mussten wir aber schon Kinder in umliegende Kliniken schicken.“Aber auch das werde immer schwierige­r. „Wir bekommen immer regelmäßig­er Absagen von Kliniken, da diese selbst überfüllt sind“, erzählt er. Das „außergewöh­nlich hohe Engagement“der Mitarbeite­nden sorge dafür, dass Kinder „nahezu unveränder­t angemessen“am MCB versorgt werden könnten.

Kallsen rechnet damit, dass in den nächsten Wochen immer mehr Kinder mit stationär zu behandelnd­en Infekten in der Klinik aufgenomme­n werden müssen. Gemessen an der aktuellen Dynamik sei wahrschein­lich, dass das dann nicht mehr zu schaffen sein werde. Überrasche­nd sei dies aber nicht: „Bereits seit Monaten wurde vonseiten der Kinderärzt­e auf das Risiko einer drohenden Unterverso­rgung hingewiese­n.“Dennoch werden alle Notfälle behandelt, versichert Kallsen: „In der Regel gelingt es noch, bei uns ein Bett für ein krankes Kind zu finden.“

 ?? FOTO: DPA/SEBASTIAN GOLLNOW ?? Atemwegsin­fekte und die Grippe lassen die Kinderklin­ik am Medizincam­pus Bodensee an seine Kapazitäts­grenze stoßen.
FOTO: DPA/SEBASTIAN GOLLNOW Atemwegsin­fekte und die Grippe lassen die Kinderklin­ik am Medizincam­pus Bodensee an seine Kapazitäts­grenze stoßen.
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