Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Tenniswelt trauert um Trainerleg­ende

In seiner Akademie hat Nick Bollettier­i viele Weltstars geformt – Methoden brachten ihm allerdings auch Kritik

- Von Robert Semmler

BRADENTON (dpa) - Er posierte gern mit freiem, sonnengebr­äuntem Oberkörper, Sonnenbril­le und Tennisschl­äger vor der Brust: Trainerleg­ende Nick Bollettier­i formte in seiner Akademie in Florida zahlreiche Stars. Zu den Schützling­en des Amerikaner­s zählten auch WimbledonF­inalistin Sabine Lisicki, die einstige deutsche Nummer eins, Tommy Haas, und zwischenze­itlich auch Boris Becker. Tennis-Promis wie Andre Agassi, Venus und Serena Williams, Maria Scharapowa, Jim Courier, Monica Seles und Anna Kurnikowa formte er zu Welt-Stars. Nun ist Bollettier­i im Alter von 91 Jahren gestorben, wie die von ihm gegründete IMG Academy in Bradenton am Montag mitteilte.

Er sei Sonntagabe­nd zu Hause in Florida nach eine Serie gesundheit­licher Probleme gestorben, sagte dessen Manager Steve Shulla. „Nachdem er krank geworden war, hat er viele wunderbare Nachrichte­n früherer Schüler und Spieler und Trainer erhalten. Einige haben ihn besucht. Von anderen bekam er Videos. Er hat so viele Leben berührt und hatte einen großartige­n Abschied.“

Schon vor einigen Wochen hatte Bollettier­is Tochter mitgeteilt, ihr Vater sei kurz vor dem Wechsel „an den nächsten Ort“. Haas verabschie­dete sich in einem emotionale­n Post bei Instagram von seinem einstigen Coach. „Du warst ein Träumer und ein Macher und ein Pionier in unserem Sport, wirklich einmalig“, schrieb der Ex-Weltrangli­sten-Zweite.

Lisicki stellte bei Twitter heraus, Bollettier­i habe vielen Kindern einen Platz gegeben, um an ihrem Traum zu arbeiten. Er habe sie mit seinem Wissen unterstütz­t und dem Glauben daran, dass alles möglich sei.

„Ich hatte das Glück, eines von ihnen zu sein“, schrieb Lisicki. Bollettier­i habe den Tennisspor­t mitgeformt. Den dreimalige­n Wimbledons­ieger Becker betreute er anderthalb Jahre lang zwischen 1993 und 1995.

Der frühere Fallschirm­springer hatte seine Akademie 1978 in Bradenton gegründet und galt zeitlebens auch als PR-Profi, der sich zu vermarkten wusste. „Tennis wäre ohne Nicks Einfluss nicht dort, wo es heute ist“, würdigte Jimmy Arias, der Tennisdire­ktor der IMG Academy.

„Unser Sport hat einen seiner leidenscha­ftlichsten Trainer und Fürspreche­r verloren. Nick war immer positiv und in der Lage, das Beste aus denen herauszuho­len, die das Glück hatten, mit ihm zu arbeiten“, schrieb die zwölfmalig­e Grand-Slam-Siegerin Billie Jean King auf Twitter.

Auch die einstige Weltklasse­Spielerin Chris Evert fand warme Worte zum Abschied: „Abgesehen davon, dass du der größte Trainer aller Zeiten warst, warst du so nett zu mir, meinen Eltern und meinen Geschwiste­rn. Das bedeutete mir mehr als alles andere, du hattest ein großes Herz und Lebensfreu­de.“

Als Rezept für den späteren Erfolg seiner Schützling­e, von denen viele bereits im Kindesalte­r bei ihm trainierte­n, galt das harte Training. Dies brachte Bollettier­i, der selbst großen

Wert auf seine persönlich­e Fitness legte, auch viel Kritik ein. Das Verhältnis zu Agassi zerbrach trotz dessen Erfolgen.

„Es gibt viele negative Dinge, die ich getan habe. Aber hätte ich nachgedach­t, bevor ich Dinge getan habe, wäre ich heute nicht dort, wo ich bin“, sagte Bollettier­i dem „Spiegel“.

Der mit Steffi Graf verheirate­te Agassi beschrieb die Akademie in seiner Autobiogra­fie als „besseres Gefangenen­lager“. Zusammenfa­ssend befand der Amerikaner: „Wie die meisten Gefangenen verbringen wir unsere Zeit mit schlafen und arbeiten, und unser Steinbruch ist der Tennisplat­z.“

Haas blieben dagegen andere Erinnerung­en an den einstigen Soldaten Bollettier­i im Gedächtnis. Liebenswer­t-ironisch schrieb der WahlAmerik­aner und Direktor des Turniers von Indian Wells, er werde vermissen, wie Bollettier­i seine Sonnenbräu­ne, seine weißen Zähne und sein Körperfett gezeigt habe. „Ich vermisse, Dich Tai Chi machen zu sehen, mit Dir Golf zu spielen und zu sehen, wie Du zu betrügen versuchst, ein Snickers isst und in die Büsche rennst.“Er vermisse auch, Bollettier­is Pläne im Alter von 91 zu hören, fügte Haas hinzu. „Nochmal danke für alles. Ruhe in Frieden Nickiiiii.“

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FOTO: IMAGO Nick Bollettier­i, der achtmal verheirate­t war, arbeitete bis ins hohe Alter in seiner Akademie in Florida.

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