Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bayern lässt die Masken fallen
Freistaat hebt die Maskenpflicht im Nahverkehr am Samstag auf – Kretschmann will nicht an Maßnahme rütteln
MÜNCHEN - Als eines der ersten Bundesländer schafft Bayern vom 10. Dezember an die Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr ab. Diese sei aufgrund der aktuellen stabilen Infektionslage nicht mehr angemessen und zum Schutz vor Corona nicht mehr verhältnismäßig, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstag nach dem Beschluss im Kabinett. Zum Schutz vor anderen Erkrankungen wie Influenza oder dem RS-Virus sei eine Maskenverpflichtung aus rechtlichen Gründen nicht möglich.
Ab dem 10. Dezember gibt es somit nur noch eine Empfehlung zum Tragen der Masken in Bus und Bahn. In Fernverkehrszügen ist die Maske dagegen weiterhin verpflichtend. Auch Sachsen-Anhalt entschied sich am Dienstag für den Wegfall der Maskenpflicht im ÖPNV. In anderen Bundesländern sollen die entsprechenden Verordnungen erst noch auslaufen – in Schleswig-Holstein etwa zum Jahresende, in Hessen im April.
Auch der Nachbar aus dem Süden will dem bayerischen Beispiel erst einmal nicht folgen. Schon vor der Konferenz der Gesundheitsminister der Länder hatte Südwest-Minister Manfred Lucha betont, an der Pflicht nicht rütteln zu wollen. Dies bestätigte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) am Dienstag in Stuttgart. „Jedenfalls bleibt es dieses Jahr bei uns so“, sagte der Regierungschef zur Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr. Die beiden Süd-Bundesländer einten viele Interessen, auch in der Frage der Maskenpflicht wäre ein einheitliches Vorgehen sinnvoll gewesen. „Das hat aber nicht geklappt, weil Bayern das jetzt so gemacht hat, und wir machen das anders“, sagte Kretschmann. „Es wird immer Alleingänge geben, das halte ich jetzt wirklich aus. Wir stimmen ja jetzt nicht unsere Politik miteinander ab.“
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten am Montag keinen einheitlichen Kurs für die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen gefunden – die Folge ist erneut ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Regelungen.
Der Vorschlag für die Abschaffung in Bayern stammte von Gesundheitsminister Klaus Holetschek und basiere auf einer Initiative von Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU). In Bayern seien die Corona-Infektionszahlen seit Langem am niedrigsten in ganz Deutschland, beim Vorgehen orientiere man sich am Beispiel Österreichs. Künftig gelte verstärkt die Eigenverantwortung. Treibende Kraft sollen innerhalb der Staatsregierung aber die Freien Wähler gewesen sein.
SPD-Politiker in Bund und Land kritisierten die Entscheidung. Es gebe keine vernünftige Begründung, denn die Lage in den Kliniken und Arztpraxen sei alles andere als entspannt, die Inzidenzen hätten schon lange keine Aussagekraft mehr“, bemängelte die bayerische SPD-Gesundheitspolitikerin Ruth Waldmann. Das RobertKoch-Institut empfehle weiter die Maske. „Es geht offenbar mehr um Symbole auf dem politischen Basar zwischen CSU und Freien Wählern und um das Motto: ,Hauptsache gegen Berlin’“, sagte Waldmann.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte: „Ich bin einfach nicht davon überzeugt.“Er verwies auf die Probleme mit dem RS-Virus und eine bevorstehende, ansteckendere Virusvariante bei Corona. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen begrüßte die Lockerung in Bayern und SachsenAnhalt. „Hoffe, dass dieser Entschluss bald auch bundesweit Schule macht“, schrieb Lindner auf Twitter. Zustimmung kam auch vom Verband der Verkehrsunternehmen.
Zum Schutz vor der Übertragung von Infektionen mit dem Coronavirus hatte Bayern wie auch andere Bundesländer im April 2020 das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen in der Öffentlichkeit beschlossen. Mit dem Abklingen der Zahl der schweren Corona-Erkrankungen wurde die Pflicht schrittweise zurückgenommen. Der öffentliche Nahverkehr, wo es häufig zu Gedränge in Bussen und Bahnen und Körperkontakten unter Fahrgästen kommt, ist bisher noch eine der letzten öffentlichen Situationen, in denen Masken in Bayern vorgeschrieben sind. Da am 9. Dezember die aktuelle Fassung der bayerischen Infektionsschutzverordnung ausläuft, in der bisher auch die Maskenpflicht im Nahverkehr geregelt ist, war eine Neuregelung notwendig.