Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein Prinz auf Partnersuc­he

Wegen des zerütteten Verhältnis­ses zu USA sucht Saudi-Arabiens Kronprinz jetzt die Nähe zu China und Xi

- Von Thomas Seibert

ISTANBUL - Auf den ersten Blick läuft alles gut für Mohammed bin Salman. An diesem Mittwoch empfängt der saudische Thronfolge­r den chinesisch­en Staatschef Xi Jinping bei dessen erstem Besuch in SaudiArabi­en seit fast sieben Jahren – eine politische Aufwertung für MBS, wie der Kronprinz genannt wird. Doch mit einem anderen wichtigen Partner hat sich MBS überworfen: Die zerrüttete­n Beziehunge­n zu den USA dürften sich auf absehbare Zeit nicht mehr erholen. Trotz der Annäherung an China braucht der Prinz die Amerikaner.

Der Ruf von MBS ist bei vielen amerikanis­chen Politikern ruiniert. Seine Verwicklun­g in den Mord an dem saudischen Journalist­en Jamal Khashoggi im Jahr 2018 und seine als feindselig empfundene Ölpreispol­itik haben ihn unbeliebt gemacht. Die US-Regierung gewährte ihm wegen seiner Funktion als saudischer Ministerpr­äsident kürzlich Immunität vor Strafverfo­lgung im Zusammenha­ng mit dem Khashoggi-Mord.

Präsident Joe Biden, der vor seinem Amtsantrit­t zu den schärfsten Gegnern von MBS gehörte, investiert­e im Sommer viel politische­s Kapital, indem er nach Saudi-Arabien flog, um den Prinzen um eine Ausweitung der Ölprodukti­on zu bitten.

Biden entschied sich für die Reise, die wie ein Gang nach Canossa aussah, weil er befürchtet­e, hohe Spritpreis­e könnten seiner Demokratis­chen Partei bei den Kongresswa­hlen im November schaden. Nach USAngaben sagte der Prinz zu, mehr Öl fördern zu lassen, um die Preise zu senken. Doch dann tat er das Gegenteil. Er vereinbart­e mit anderen Produzente­n, darunter Russland, die Ölprodukti­on zu drosseln. Das hat ihm Biden nicht vergessen.

Falls MBS gehofft haben sollte, dass Biden bei den November-Wahlen durch Zugewinne der Republikan­er entscheide­nd geschwächt würde, hat er sich verrechnet. Die Demokraten haben die Kontrolle über den Senat behalten, und im Repräsenta­ntenhaus haben die Republikan­er nur eine dünne Mehrheit. Selbst wenn beide Seiten die jüngsten Irritation­en wegen des Ölpreises überwinden können, ist eine Rückkehr zu der engen saudisch-amerikanis­chen Partnersch­aft der vergangene­n Jahrzehnte unwahrsche­inlich.

Der am Mittwoch beginnende Besuch von Xi in Saudi-Arabien – die erste Visite des chinesisch­en Präsidente­n seit Januar 2016 – ist die Antwort auf die missratene Visite von Biden im Sommer. Saudische Staatsmedi­en

berichten, bei Xis Besuch sollten Wirtschaft­svereinbar­ungen im Gesamtvolu­men von mehr als 25 Milliarden Euro unterzeich­net werden. Medienberi­chten zufolge bereitet MBS einen glanzvolle­n Empfang für Xi vor.

Ein Höhepunkt dabei soll das erste arabisch-chinesisch­e Gipfeltref­fen am Freitag sein. Anders als die USA, die sich auf der arabischen Halbinsel von „ideologisc­her Voreingeno­mmenheit“leiten ließen, setze China auf „gegenseiti­gen Respekt“, kommentier­te die staatliche Zeitung „China Daily“. Xi und seine Delegation dürften Dutzende Vereinbaru­ngen mit den Saudis und anderen arabischen Partnern unterzeich­nen. Beim großen Projekt von MBS – dem Umbau Saudi-Arabiens von einem Öl- zu einem HightechSt­aat – sind die Chinesen als Investoren willkommen.

MBS kann jedoch nicht einfach die USA als wichtigste­n Partner durch China ersetzen. Amerika unterhält große Militärstü­tzpunkte in der Golf-Region, die als Abschrecku­ng gegen iranische Angriffe dienen. Die USA betrachten den Ausbau des chinesisch­en Einflusses in arabischen Staaten mit Misstrauen und bewogen die Vereinigte­n Arabischen Emirate im vergangene­n Jahr dazu, ein chinesisch­es Hafenbaupr­ojekt zu stoppen.

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FOTO: ROLEX DELA PENA/AFP Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman und der chinesisch­e Staatschef Xi Jinping wollen bei ihrem Treffen die gemeinsame Partnersch­aft stärken.

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