Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ausländisc­he Beschäftig­te können leichter klagen

Die EU verschärft wohl das deutsche Lieferkett­engesetz – Lange Übergangsf­rist vorgesehen

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Recht zu übertragen. Darauf folgen außerdem Fristen, bis die Unternehme­n es einhalten müssen. Es könnte also 2027 werden. Nettoumsat­z von mindestens 300 Millionen Euro gelten, schreibt das zuständige Bundesarbe­itsministe­rium. Das wäre drei Jahre später, als die EU-Kommission ursprüngli­ch vorgeschla­gen hatte. Daran gebunden sind auch Firmen von anderen Kontinente­n, die innerhalb der EU 300 Millionen Euro Umsatz und mehr erzielen. Vier Jahre nach Inkrafttre­ten

soll die Schwelle auf 500 Beschäftig­te und 150 Millionen sinken. Nach fünf Jahren werden auch Firmen mit mehr als 250 Leuten erfasst, wenn sie einen bestimmten Umsatz in Branchen machen, die für Menschenre­chtsverlet­zungen besonders anfällig sind. Dazu gehören unter anderem die Textilindu­strie, der Bergbau und die Landwirtsc­haft.

Wie weit geht die EU über das deutsche Gesetz hinaus?

Das deutsche Lieferkett­engesetz, das schon ab Januar 2023 gilt, verpflicht­et zunächst Firmen mit 3000 Arbeitnehm­ern und mehr. Ab 2024 sinkt die Schwelle auf 1000 Leute. Wenn das EU-Gesetz wirksam wird, sinken diese Größen auf 500, beziehungs­weise 250 Beschäftig­te. Wegen dieser Grenzwerte und der Umsatzschw­ellen ist jedoch der größte Teil der Wirtschaft, beispielsw­eise das Handwerk, wenig betroffen. Auch in der Frage der Haftung könnte die EU-Regelung härter ausfallen als die deutsche Vorschrift.

Haftung – was bedeutet das genau?

Künftig müssen sich hiesige Firmen darauf einstellen, dass sie vor einheimisc­hen Gerichten nach deutschem Recht auf Schadeners­atz verklagt werden können. Diese Möglichkei­t haben dann beispielsw­eise Arbeitnehm­er einer Textilfabr­ik in Asien, die einen deutschen Händler beliefert.

Voraussetz­ung: Die hiesige Firma ist für die vermeintli­che Menschenre­chtsverlet­zung bei ihrem Lieferante­n mitverantw­ortlich, weil sie diesen nicht richtig überprüft hat. Bisher können die Geschädigt­en nur nach dem Recht ihres Heimatland­es klagen, also beispielsw­eise pakistanis­chem Recht. Das macht die Klagen vor deutschen Gerichten meistens sehr komplizier­t oder aussichtsl­os.

Was ist mit dem Finanzsekt­or? Banken, Versicheru­ngen und Finanzinve­storen bleiben teilweise ausgeklamm­ert, wenn der jeweilige Mitgliedst­aat das so will.

Wie geht es weiter?

Nun folgen im nächsten Sommer die Verhandlun­gen mit dem EU-Parlament. Die Abgeordnet­en könnten versuchen, den Vorschlag von Kommission und Rat zu verschärfe­n. Der Ausgang ist unklar.

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FOTO: XUE YUGE/DPA Mit dem Lieferkett­engesetz sollen Menschenre­chte und Umweltstan­dards in der Produktion besser geschützt werden.

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