Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ohne Ronaldo wie im Rausch
Portugal steht nach Tor-Gala im Viertelfinale
LUSAIL (SID) - Der zum Joker degradierte Cristiano Ronaldo umarmte kurz Matchwinner Gonçalo Ramos, ließ sich alleine von den Fans bejubeln und verschwand dann eilig in der Kabine. Die übrige Mannschaft feierte nach Portugals bislang bester Turnierleistung und dem ersten Einzug ins WM-Viertelfinale nach 2006 weiter Dreifachtorschütze Ramos. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist ein Traum, der in Erfüllung geht“, sagte Ramos. Ob er auch im Viertelfinale wieder für Ronaldo spielen werde, wollte der Angreifer nicht vorhersagen. „Das entscheide nicht ich, das entscheiden andere.“
Der 21 Jahre alte Angreifer von Benfica Lissabon spielte weltmeisterlich und erzielte beim rundum begeisternden 6:1 (2:0) gegen die völlig überforderte Schweiz drei Treffer (17., 51. und 67.). Cristiano Ronaldo verfolgte es lächelnd, ab der 73. Minute durfte dann auch er mitmachen. Aber seine Zeit ist nach der Gala seines Stellvertreters, der vor der WM nur einen Länderspieleinsatz in seiner Vita stehen hatte, womöglich abgelaufen.
Als der Superstar endlich unter tosendem Beifall eingewechselt wurde, war seiner Mannschaft das Viertelfinal-Duell mit Marokko am Samstag längst sicher. Die Portugiesen spielten ohne Ronaldo geradezu entfesselt und wie aus einem Guss, zum zwischenzeitlichen 2:0 (33.) traf sogar der alte Abwehr-Recke Pepe, mit seinen bald 40 Jahren ist er nun der zweitälteste WM-Torschütze hinter dem Kameruner Roger Milla.
Und Ronaldo? Der jubelte begeistert mit. Als der Dortmunder Raphael Guerreiro auf Vorlage von, genau, Ramos traf (55.), wärmte er sich gerade auf, nach dem Treffer von Manuel Akanji (58.) für die Schweiz hörte er dann vermutlich mit Genuss, dass ihn das Publikum mit Sprechchören feierte. Es war Balsam für seine verwundete Seele, auch die Zuneigung des Publikums bei und nach seiner Einwechslung zu spüren. Schließlich stand der 37-Jährige erstmals seit 2008 nicht in Portugals Startelf bei einem großen Turnier. Doch er war auf dem Feld, als Rafael Leao (90.+2) die höchste Schweizer Niederlage bei einer WM besiegelte. „Wir waren gut eingestellt, haben sehr gut gespielt. Es war ein großes Spiel“, sagte Trainer Fernando Santos.
Das Spiel gegen Marokko ist das erste Viertelfinale für Portugal seit der WM 2006 in Deutschland – Ronaldo feierte damals WM-Premiere und gehörte zu der Mannschaft, die das Spiel um Platz drei gegen die DFB-Auswahl verlor. Für die Schweizer dagegen bleibt die Runde der letzten Acht eine Tabuzone: Zuletzt haben sie 1954 im eigenen Land das Viertelfinale erreicht.