Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zuhören ist wichtig

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Manchmal, so sagen es Psychologe­n, Psychother­apeuten und Seelsorger, brauche der Mensch einfach jemanden zum Reden. Wobei es unerheblic­h ist, ob das Gegenüber auch irgendwas sagt. Hauptsache, die zugeschnür­te Seele darf sich einmal so richtig Luft verschaffe­n. Nicht wenige Leute sind überzeugt, dass dieses Zuhören auch das Geheimnis der Homöopathi­e ist. Denn wer nicht ständig mit teuren schulmediz­inischen Apparaten herumzuhan­tieren hat, kann einfach ein besserer Zuhörer sein. Fairerweis­e sollte man sich überlegen, wenn das Zuhören offenbar eine derart heilende Wirkung hat, den Beruf der Zuhörerin und des Zuhörers zu profession­alisieren. Zum Beispiel mit einem Hochschuls­tudium, in dem gelehrt wird, selbst das abstrusest­e Gelaber mit einem stoischen Lächeln zu ertragen. Denn nur dann hat das Zuhören auf den die Sorgen Ausschütte­nden einen positiven Effekt.

Solange dieser überzeugt ist, dass der Zuhörer ihn nicht für komplett bescheuert hält. Darum können im Rahmen des Studiums auch ein paar Semester angewandte Schauspiel­kunst nicht schaden.

Es wäre vom gesellscha­ftlichen Standpunkt aus betrachtet wünschensw­ert, dass die entstehend­e Zuhör-Branche ihre heilsame Wirkung dann auch als Kassenleis­tung bezahlt bekäme. Als abrechenba­re Tarife schlagen wir vor: 20 Minuten Wutanfall übers Gendern 40 Euro, 15 Minuten Klimaleugn­ung 24,60 Euro und für zwischendr­in in der Mittagspau­se – fünf Minuten Fluchen über die Inflation für 9,99 Euro. Aber greifen Sie schnell zu. Morgen könnte es schon wieder viel teurer sein! (nyf)

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FOTO: COLOURBOX Kann teuer werden, diese Zuhörerei.

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