Schwäbische Zeitung (Tettnang)
FDP will Atommeiler über April hinaus bereithalten
Südwest-Liberale ziehen Kauf neuer Brennelemente in Betracht – Landesparteitag zur Energiesicherheit
RAVENSBURG - Die FDP will einen Betrieb von Atomkraftwerken auch nach dem 15. April kommenden Jahres ermöglichen. „Keine Option darf vom Tisch, wenn es um unsere Energiesicherheit geht – auch nicht die Kernkraft“, sagte der baden-württembergische FDP-Chef Michael Theurer (Foto: dpa) am Mittwoch. In einem Leitantrag zum Landesparteitag Anfang Januar, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, fordert die Südwest-FDP, die Voraussetzungen für einen längeren Betrieb der Meiler Isar-2, Neckarwestheim-2 und Emsland zu schaffen.
Ein Rückbau der bestehenden Kernkraftwerke dürfe nicht erfolgen, heißt es in dem Papier, das den Delegierten der Partei im Südwesten zur Abstimmung vorgelegt werden soll. „Vielmehr sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um jederzeit den sicheren Leistungsbetrieb der drei Kernkraftwerke wieder aufnehmen zu können, sobald es zu einer Strommangellage kommt.“Dafür wird für Anfang 2023 ein erneuter Stresstest gefordert, „der für einen Zeitraum bis mindestens Sommer 2024 sowohl die Netzsicherheit als auch durch Knappheit entstehende Preissteigerungen untersucht“. Dieser müsse quartalsweise aktualisiert werden.
Weiter heißt es in dem Antrag, schon jetzt müsse geklärt werden, wie man neue Brennelemente beschaffen könne und unter welchen
Voraussetzungen die Betreiber der Kraftwerke einen Weiterbetrieb gewährleisten könnten.
„Gerade Baden-Württemberg hat aufgrund seiner Lage im deutschen Energienetz ein Interesse an einem fortgesetzten Weiterbetrieb der Kernkraftwerke über den 15. April hinaus“, betonte Theurer mit Blick auf den Vorstoß seines Landesverbands. „Daher ist es dringend notwendig, dass wir Impulse für die Bundespolitik setzen.“
Der Atomausstieg in Deutschland ist eigentlich beschlossene Sache: Ursprünglich hätte der Betrieb der drei verbliebenen Kernkraftwerke bereits zum Jahreswechsel eingestellt werden sollen.
Angesichts drohender Stromengpässe infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stimmten Bundestag und Bundesrat im November für einen zeitlich befristeten Streckbetrieb bis Mitte April – auch die FDP war dafür. Vorausgegangen war ein Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der damit einen Streit vor allem zwischen den Grünen und der FDP vorübergehend befriedete.
Im Entwurf für den Leitantrag der Südwest-Liberalen heißt es nun, damit sei lediglich „eine Minimalanforderung der FDP“erfüllt. Allerdings habe der vom Bundeswirtschaftsministerium im September durchgeführte Stresstest auch für die Zeit danach gezeigt, dass eine Stabilität der Stromnetze nicht in jedem Fall gewährleistet sei. „Eine verlässliche Versorgung und Bezahlbarkeit von Strom und Gas wird auch im kommenden Jahr das zentrale energiepolitische Thema in Deutschland bleiben“, ist sich FDP-Landeschef Theurer sicher.