Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ramos übernimmt Ronaldos Rolle
Bei der 6:1-Gala im Achtelfinale glänzt Portugal ohne den Star – Ersatzmann glückt ein Klose-Kunststück
LUSAIL (dpa) - Portugals WM-Entdeckung Gonçalo Ramos schwärmte vor den TV-Kameras mit glänzenden Augen gerade über seine „magische Nacht“, da verließ der zum Bankdrücker degradierte Cristiano Ronaldo fast wortlos die Arena. Nach dem 6:1 im Achtelfinale gegen die Schweiz waren die Rollen so klar verteilt wie zuvor auf dem Spielfeld. Der 21 Jahre alte Dreifachtorschütze Ramos wurde gelobt, bejubelt und gefeiert – etwas, das sonst Ronaldo mit großer Selbstverständlichkeit für sich beansprucht. Doch der Superstar war nach der ersten Joker-Rolle für Portugal in einem Turnierspiel seit 2008 nur Nebendarsteller.
Fast ein wenig schüchtern absolvierte Ramos seinen ersten Auftritt auf der großen WM-Bühne und beantwortete als Mann des Abends die Fragen der Reporter. „Natürlich Ronaldo“,
sagte er über seine Vorbilder. „Robert Lewandowski und Zlatan Ibrahimovic.“Der Schwede Ibrahimovic ist bei dieser WM nicht dabei. Polens ausgeschiedenen Kapitän Lewandowski (2 Tore) und Ronaldo (1) hat Ramos schon jetzt überflügelt. „Nicht mal in meinen kühnsten Träumen hatte ich gedacht, dass ich in einer WM-K.o.-Runde in der Startelf stehen würde“, sagte er vor der nahenden Viertelfinal-Prüfung gegen Marokko grinsend. Für Portugal könnte es der Anfang einer neuen Ära für ein wie befreit spielendes Ensemble sein.
Ronaldo ertrug seine ungewohnte und ungewollte Rolle als Ersatzspieler nach außen mit Fassung, rang sich sogar hier und da ein Lächeln ab – und würdigte auf Instagram später die „Luxus-Vorstellung eines Teams voller Talent und Jugend“.
Doch bei den Jubelfeiern nach Portugals erstmaligem WM-Viertelfinal-Einzug seit 2006 verschwand der 37-Jährige schnell in die Kabine. Die schmerzhafte Degradierung zugunsten des 16 Jahre jüngeren Ramos war für Ronaldo zuvor der vorläufige Tiefpunkt.
Ein besonders Endrunden-Kapitel gab es für Ramos auch, der als erster Spieler seit Miroslav Klose 2002 bei seinem WM-Startelfdebüt dreimal traf. „Beeindruckend“, titelte „A Bola“. Dabei hatte der Angreifer bei seiner Nominierung in den WM-Kader noch nicht einmal ein Länderspiel bestritten, das Debüt folgte kurz vor dem Turnier.
„Ich habe den Spieler ausgewählt, der am besten zu meiner Strategie passt“, begründete der Trainer seinen Verzicht auf Ronaldo. „Wir wollten diesen Fluss haben. Wir haben sehr entschlossen gespielt und als Einheit.“Ob seine Entscheidung gegen Ronaldo auch für das Viertelfinale gegen Marokko am Samstag gilt, ließ der Coach offen: „Das werden wir sehen“, sagte er.
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