Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Österreicher als echter Schwarzwälder
Für Skisprung-Bundestrainer Horngacher ist der Start in Titisee-Neustadt ein Heimspiel
TITISEE-NEUSTADT (SID) - Thoma, Duffner, Schmitt – der Schwarzwald und seine Einwohner haben deutsche Skisprunggeschichte geschrieben. Heutzutage aber sind die einzigen Schwarzwälder im bajuwarisch dominiertem DSV-Team ein Hesse und ein Österreicher: Wie der aus Willingen zugezogene Ex-Weltmeister Stephan Leyhe ist auch Bundestrainer Stefan Horngacher längst im deutschen Südwesteck heimisch geworden – beim Weltcup-Heimspiel in Titisee-Neustadt am Wochenende kann der „Steff “gar zu Fuß zur Schanze gehen.
„Es ist schön, als Bundestrainer Wettkämpfe direkt vor der Haustür zu haben“, sagte der 53-Jährige der „Badischen Zeitung“. Der frühere Weltklassespringer, der seit mittlerweile mehr als 15 Jahren in Neustadt lebt, kann von seinem Häuschen auf die Hochfirstschanze blicken. Dort beginnt am Freitag (11.45 Uhr/ZDF und Eurosport) für die DSV-Adler um Teamweltmeister Karl Geiger der Endspurt in Richtung Vierschanzentournee.
„Die Tournee zu gewinnen, ist natürlich nach wie vor unser höchstes Ziel. Das ist einfach das Highlight im Skispringen“, sagt Horngacher mit Blick auf den ersten Saisonhöhepunkt (29. Dezember bis 6. Januar).
Als 2019 ein Nachfolger für den so erfolgreichen Bundestrainer Werner Schuster zurückgeholt wurde, fiel die Wahl auch deshalb auf dessen Landsmann Horngacher, weil der gebürtige Tiroler weiß, wie man den Goldadler gewinnt: Als polnischer Chefcoach führte er Kamil Stoch zweimal zum Tourneesieg.
An einem solchen versuchten sich nach Reinhold Heß, unter dem Sven Hannawald 2001/02 triumphierte, in Wolfgang Steiert (2003 bis 2004), Peter Rohwein (2004 bis 2008) und schließlich Schuster (2008 bis 2019) drei Bundestrainer vergeblich – und auch Horngacher musste schon dreimal der Konkurrenz gratulieren.
Die laufende Saison bietet nicht allzu viel Hoffnung darauf, dass die Misere im vierten HorngacherWinter endet: In keinem der bisherigen vier Springen standen Geiger, Markus Eisenbichler oder ein anderer DSV-Adler auf dem Podest – der schlechteste Saisonstart seit zwölf Jahren. Zuletzt landeten aber in Ruka vier Deutsche unter den Top Ten,
Horngacher sagt deshalb: „Wir sind auf dem richtigen Weg.“
Das ist auch der DSV mit Horngacher, die Erfolge – unter anderem zwei WM-Titel 2021 in Oberstdorf und zweimal OlympiaBronze in Peking – sprechen für den Coach, der ja schließlich schon ein halber
Deutscher ist.
Er, dessen Frau Nicole einst als Physiotherapeutin Martin Schmitt und Sven Hannawald in Form knetete, war der Liebe wegen in den Schwarzwald gezogen, wirkte erst in Hinterzarten, dann lange in der zweiten DSV-Reihe, ehe er schließlich als Polens Chefcoach eine Art Nationalheld wurde. Einer mit einer gewissen grimmigen Autorität.
„Ich weiß, dass ich nicht so lustig schaue, wenn es nicht läuft und ich so richtig drin bin in einer Emotion“, sagt Horngacher. Und das hat er mit einer anderen Trainerinstitution aus dem idyllischen Südwestzipfel der Republik gemein: „Der Christian Streich kann das ja auch. Also, das mit dem grimmig schauen.“
„Ich weiß, dass ich nicht so lustig schaue, wenn es nicht läuft und ich so richtig drin bin in einer Emotion.“Coach Stefan Horngacher