Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kehrtwende tut not

- Von Wolfgang Mulke politik@schwaebisc­he.de

Die Wohnungsno­t in Deutschlan­d nimmt immer weiter zu. Millionen Wohnungen fehlen aktuell. Ohne eine echte Wiederbele­bung des sozialen Wohnungsba­us tickt hierzuland­e eine soziale Zeitbombe, weil sich viele Menschen auf dem freien Markt keine Wohnung mehr leisten können. Es braucht aber mehr als nur einige Milliarden Euro vom Staat. Denn der Wohnungsba­u leidet derzeit gleich an mehreren Entwicklun­gen.

Es fehlt vor allem Wohnraum für Haushalte, die nicht zu den Gutverdien­ern gehören. Es rächt sich hier, dass der soziale Wohnungsba­u in den vergangene­n Jahrzehnte­n massiv vernachläs­sigt wurde. Den Mangel an günstigen Mietwohnun­gen hat der massenhaft­e Verkauf von kommunalen Beständen noch zusätzlich verstärkt. Da die Nachfrage nach günstigen Wohnungen in den kommenden Jahren weiter steigen wird, ist in diesem Bereich eine Kehrtwende zwingend notwendig. Der Markt allein kann das Grundbedür­fnis der Menschen aus mehreren Gründen nicht decken.

Dabei fehlen auch frei finanziert­e Wohnungen, vor allem in den wirtschaft­lich prosperier­enden Regionen – etwa im Süden der Republik. Wenn sich das ändern soll, muss der Wohnungsba­u für die Investoren allerdings auch rentabel sein. Angesichts des aktuellen Baukostenn­iveaus ist das kaum möglich. So sind die wieder steigenden Zinsen zusätzlich­es Gift für den Wohnungsma­rkt.

Familien, die gerne ein Eigenheim erwerben würden, können es sich dieser Tage nicht leisten und bleiben zwangsläuf­ig in ihrer Mietwohnun­g. Investoren rechnen die Gesamtkost­en durch und stellen fest, dass die notwendige­n Mieteinnah­men nicht erzielt werden können. An diesen Punkten kann der Staat kaum eingreifen, allenfalls die steuerlich­en Rahmenbedi­ngungen für Bauherren verbessern.

An anderen Stellen sind Bund, Länder und Kommunen dagegen gefragt. Hier werden die Standards für den Wohnungsba­u gesetzt. Jede bürokratis­che Anforderun­g, jede neue Mindestvor­schrift und jede behördlich­e Verzögerun­g bei der Bereitstel­lung von Flächen oder der Bearbeitun­g von Anträgen treibt die Kosten. Gerade in diesem allzu streng regulierte­n Bereich gibt es sicher noch hinreichen­d viele Möglichkei­ten, die Kostenentw­icklung abzubremse­n und den Wohnungsba­u – unabhängig von allen anderen Entwicklun­gen – wieder attraktive­r zu machen.

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