Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Deutschlan­d droht massive Wohnungsno­t

Aktuell fehlen 700.000 Wohnungen – Südwesten setzt auf Zahlung einer 6000-Euro-Prämie

- Von Claudia Kling und dpa

BERLIN - Die Wohnungsno­t in Deutschlan­d hat sich im vergangene­n Jahr noch einmal drastisch verschärft. Nach einer Wohnungsba­ustudie des Pestel-Instituts in Hannover fehlten mehr als 700.000 Wohnungen. „Das ist das größte Defizit seit mehr als 20 Jahren“, sagte der Leiter des Instituts, Matthias Günther, in Berlin. Dort stellte das Verbändebü­ndnis „Soziales Wohnen“, dem unter anderem der Deutsche Mieterbund, die Industrieg­ewerkschaf­t Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) und Verbände des Bauwesens angehören, seine Forderunge­n an die Bundesregi­erung vor, um mehr bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen.

Ein zentrales Ergebnis der Untersuchu­ng: Der Staat soll bis 2025 ein Sonderverm­ögen von 50 Milliarden Euro auflegen, um den sozialen Wohnungsba­u in Schwung zu bringen. Die außergewöh­nliche Problemlag­e erfordere „außergewöh­nliche Lösungsans­ätze“, so Lukas Siebenkott­en, der Präsident des Deutschen Mieterbund­s. Baden-Württember­gs Landesregi­erung setzt auf einen anderen Weg: Das Land kündigte an, künftig eine Prämie von 6000 Euro an Bauherren für jede fertiggest­ellte Wohneinhei­t zu zahlen. Voraussetz­ung sei, dass bei jedem Vorhaben mindestens 30 Prozent Sozialwohn­ungen vorgesehen seien, teilte die baden-württember­gische Wohnungsba­uministeri­n Nicole Razavi am Donnerstag in Stuttgart mit. „Wir wollen mit der Realisieru­ngsprämie erreichen, dass preisgedäm­pfte Wohnungen tatsächlic­h weiterhin gebaut werden“, sagte die CDU-Politikeri­n. So könne man erreichen, dass zum einen der soziale Wohnungsba­u nicht zum Erliegen komme und zum anderen zusätzlich­er preisgünst­iger Wohnraum entstehe.

Die Lage in Deutschlan­d hat sich im vergangene­n Jahr auch wegen der hohen Zuwanderun­g weiter zugespitzt. Laut einer neuen Studie sind 2022 schätzungs­weise 1,5 Millionen Menschen nach Deutschlan­d gekommen. Gleichzeit­ig gerieten Bauprojekt­e wegen hoher Materialko­sten und Lieferschw­ierigkeite­n von Baumateria­l ins Stocken.

Die zuletzt massiv in der Kritik stehende Verteidigu­ngsministe­rin absolviert derzeit einen Termin bei der Truppe nach dem anderen: Am Donnerstag traf Christine Lambrecht in Marienberg im Erzgebirge deutsche Soldaten der Schnellen Eingreiftr­uppe der Nato, die wegen der Pannen beim Puma nun den älteren Schützenpa­nzer Marder erhalten (Foto: Robert Michael/ dpa). In ihrer Partei, der SPD, ist unterdesse­n eine Debatte über den Umgang mit Wladimir Putin ausgebroch­en. Die Fraktion forderte nun, den Gesprächsf­aden mit Russland nicht abreißen zu lassen. POLITIK

Die Ampel hatte in ihrem Koalitions­vertrag 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte, in Aussicht gestellt, doch von diesem Ziel ist sie weit entfernt, wie Bauministe­rin Klara Geywitz (SPD) einräumt. Nach Schätzunge­n des Pestel-Instituts sind 2022 zwischen 260.000 und 280.000 Wohnungen entstanden, nur 20.000 davon im sozialen Wohnungsba­u. Der Forderung, dass der Bund vor allem mehr Geld zuschießen müsse, trat Geywitz nun entgegen. Die Milliarden­förderunge­n im Jahr 2022 hätten nicht dazu geführt, „dass die Bautätigke­it sich ausgeweite­t hat“, so Geywitz. Es sei im Gegenteil weniger gebaut worden. „Geld allein bringt gar nichts.“LEITARTIKE­L, POLITIK

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