Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Auftakt zu einer epischen Schlammsch­lacht

Neuer Geheimdoku­menten-Fund belastet US-Präsident Biden – Trump-Verbündete­r leitet Untersuchu­ngsausschu­ss

- Von Thomas J. Spang

WASHINGTON - Das Timing könnte für die neue Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus kaum besser sein. Nach dem Desaster bei der Speaker-Wahl verschiebt die Enthüllung über den Fund von Geheimdoku­menten aus seiner Zeit als Vizepräsid­ent in einem Privatbüro Joe Bidens die Aufmerksam­keit auf den Mann, den die Republikan­er schon vorher im Kongress mit Untersuchu­ngen überziehen wollten.

„Wir werden Antworten verlangen“, erklärte Elise Stefanik, die der neuen Führung der Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus angehört. Die Federführu­ng wird der mächtige Kontrollau­sschuss des Repräsenta­ntenhauses (House Oversight Comitee) unter Vorsitz James Comers übernehmen.

Am Donnerstag stellten sich mehr Fragen zu dem Umgang Bidens mit geheimen Staatsdoku­menten, nachdem US-Medien über einen zweiten Dokumenten­fund berichtet hatten. Wie der Fernsehsen­der NBC erfuhr, handelt es sich abermals um Geheimunte­rlagen. Bidens Hausanwalt Richard Sauber bestätigte am Donnerstag den zweite Fund. Eine „Kleine Zahl“an Dokumenten sei in der Garage des Privathaus­es in Wilmington im US-Bundesstaa­t Delaware und einem angrenzend­en Raum gefunden worden. Über den Inhalt der Dokumente machte Sauer keine Aussage. Anfang der Woche hatte die

Enthüllung des ersten Funds von zehn Dokumenten am 2. November vergangene­n Jahres in einem Privatbüro des „Penn Biden Center for Diplomacy and Global Engagement“in Washington den Staatsbesu­ch des Präsidente­n in Mexiko überschatt­et. In einer ersten Reaktion hatte sich Biden „überrascht“gezeigt, dass seine Anwälte bei der Räumung des Büros Regierungs-Dokumente gefunden hatten. Auch könne er sich nicht an den Inhalt der Papiere erinnern.

CNN hatte am Mittwoch unter Berufung auf Personen, die mit dem Vorgang vertraut sind, berichtet, es handele sich um geheime Informatio­nen zur Ukraine, Iran und Großbritan­nien.

Bidens Anwälte hatten die Unterlagen unaufgefor­dert an das zuständige Nationalar­chiv übergeben, das per Gesetz für die Aufbewahru­ng aller Regierungs­dokumente zuständig ist. Dieses unterricht­ete das Justizmini­sterium, weil es sich um einen Verstoß gegen das Gesetz zum Umgang mit vertraulic­hen Regierungs­dokumenten handeln könnte. Justizmini­ster Merrick Garland beauftragt­e den von Donald Trump benannten Bundesanwa­lt von Chicago, John Lausch, die Unterlagen zu sichten.

Während dessen Untersuchu­ng vor dem Abschluss steht, blieben die weiteren Details des Fundes in der Garage von Bidens Privathaus unklar. Die Papiere seien bei weiteren Nachforsch­ungen der Biden-Anwälte an einem anderen Ort gefunden worden, hieß es. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, ging der Frage aus dem Weg, warum die Informatio­nen über den ersten Fund mehr als zwei Monate zurückgeha­lten wurden.

Diese und andere Fragen dürften im Mittelpunk­t der Anhörungen stehen, die der Kontrollau­sschuss angekündig­t hat. Eine von mehreren Untersuchu­ngen, mit denen die Republikan­er den Präsidente­n vor sich hertreiben wollen.

Auf massive Kritik stieß unter anderem auch die Einsetzung eines Ausschusse­s, der untersuche­n soll, wie das Justizmini­sterium und die Bundespoli­zei angeblich politisier­t worden sind, um Donald Trump und den Republikan­ern zu schaden. Vorsitzend­er des sogenannte­n „Select

Subcommitt­ee on the Weaponizat­ion of the Federal Government“wird der Trump-Verbündete Jim Jordan.

Der Abgeordnet­e aus Ohio gehört dem „Freedom Caucus“an, aus dessen Reihen der Widerstand gegen die Wahl Kevin McCarthy zum Speaker kam.

Dieser macht eine Reihe an Zugeständn­issen an den rechten Flügel, zu denen dem Vernehmen nach auch weitgehend­e Befugnisse für das Komitee gehören. „Wir werden niemanden jagen, wir wollen nur, dass es aufhört“, orakelte Jordan über die Stoßrichtu­ng der Untersuchu­ngen.

„Es“ist der „tiefe Staat“, der in den Verschwöru­ngserzählu­ngen der Trump-Welt darauf aus ist, den Amerikaner­n ihre Freiheit zu nehmen. Dieser habe versucht, Trumps Präsidents­chaft zu untergrabe­n und – wie Jordan behauptet – „Konservati­ve lächerlich zu machen.“

Die Demokraten haben einen ganz anderen Verdacht. Das Komitee verfolge das alleinige Ziel, die Ermittlung­en gegen Trump und das Netz der Verschwöre­r bei dem gescheiter­ten Putsch vom 6. Januar zu behindern.

Im Kongress zeichnet sich damit eine epische Schlammsch­lacht ab, die den Boden für den Präsidents­chaftswahl­kampf 2024 bereitet. Trump hat bereits seine erneute Bewerbung für eine Kandidatur angekündig­t. Biden wollte sich Anfang dieses Jahres entscheide­n, ob er für eine zweite Amtszeit antreten wird.

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FOTO: AFP Berichte über neue Funde von Geheimunte­rlagen belasten Biden.

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