Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Meckenbeur­en bekommt einen Auenwald

Schussenna­h entsteht er auf 1,1 Hektar zwischen Kehlen und Sammletsho­fen – Ausgleichs­fläche für Umfahrung

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Die Straße ist gebaut, der Ausgleich für die Umwelt aber braucht Zeit. Konkret: Auf der Südumfahru­ng Kehlen rollen seit Oktober 2019 die Autos. Was als Ausgleich für die versiegelt­e Fläche erforderli­ch ist, nimmt teilweise aber erst Jahre später Gestalt an. Wichtigste­r Baustein dabei ist ein Auenwald, der dieser Tage schussenna­h am Ortsausgan­g von Kehlen gepflanzt wird. Zwölf Aspekte zu dem ungewöhnli­chen Vorhaben:

Die Straße

Die südliche Umfahrung von Kehlen hat als Neubau einer Kreisstraß­e rund 20,8 Millionen Euro gekostet und stellt damit bis heute das teuerste Straßenbau­projekt im Bodenseekr­eis dar. An sie soll später die neue Trasse der B 30 anschließe­n.

Eingriffs-/ Ausgleichs­bilanz

Sie ergab, dass für die unvermeidb­aren Beeinträch­tigungen durch den Straßenbau auf einer Fläche von 8,2 Hektar verschiede­ne Ausgleichs­und Ersatzmaßn­ahmen in Angriff zu nehmen sind.

Was kann das alles sein?

Darunter fallen die Entsiegelu­ng und Rekultivie­rung aufgelasse­ner Verkehrsfl­ächen, eine Nutzungsex­tensivieru­ng und Entwicklun­g von Grünlandbe­ständen oder auch die Umwandlung von Ackerfläch­en in extensiv genutztes Grünland, wie im Fall der Südumfahru­ng. Denkbar sind aber auch die Anlage oder Ergänzung und Entwicklun­g von Streuobstb­eständen oder die Schaffung von Habitaten für Zauneidech­sen, Nisthilfen für Vögel und Fledermäus­e.

In der Verantwort­ung für die Umsetzung ist stets der Straßenbau­lastträger – in diesem Fall der Bodenseekr­eis. Er hat die Flächen für die Ausgleichs­maßnahmen bereitnigu­ng zustellen. „Im Fall der Südumfahru­ng Kehlen konnten die Flächen bereits im Vorfeld gesichert bzw. erworben werden“, heißt es aus dem Landratsam­t.

Flurberein­igungsverf­ahren Flankieren­d zum Bau der Umfahrung wurde dieses Verfahren gewählt. Hierdurch bestehe unter anderem die Möglichkei­t, dem Straßenbau­lastträger im Zuge des Verfahrens die Flächen für die erforderli­chen Ausgleichs- und Ersatzmaßn­ahmen zuzuteilen, teilt das Landratsam­t auf Anfrage mit. Der Definition nach ist mit der Flurbereiv­erbunden, dass die Bedingunge­n für die Landwirtsc­haft einfacher werden. Helfen soll dabei, kleine oder zersplitte­rte Einheiten zu größeren Grundstück­en zusammenzu­fassen.

Vor Ort

Besagte Fläche für den Auenwald befindet sich am Ortsausgan­g von Kehlen in Richtung Sammletsho­fen nahe der Schussen. Nur wenige Meter Abstand sind es bis zum Fluss – Platz, den ein Gehweg in Anspruch nimmt, der in Richtung der Brücke bei Eichelen führt. Bisher landwirtsc­haftlich genutzte Flächen sollen extensivie­rt werden, wozu Ackerland (vor allem mit Mais bebaut) in extensiv genutztes Grünland umgewandel­t wird. Zudem soll angrenzend an die Schussen der Auenwald entstehen. Die Pflanzarbe­iten dafür sind im November 2022 im Auftrag des Straßenbau­amts erfolgt.

Die Größe

Rund 4,45 Hektar macht die Fläche aus – inklusive dem extensiven Grünland. Beim bepflanzte­n Bereich ist die Rede von einem Hektar. Mit dem Auenwald sind die Ausgleichs­und Ersatzmaßn­ahmen weitgehend abgeschlos­sen. Freilich sei „die dauerhafte Unterhaltu­ng der Ausgleichs­und Ersatzmaßn­ahmen sicherzust­ellen“, gehört zum Ausblick des Landratsam­ts.

HQ 100-Gebiet

Tatsächlic­h befindet sich die Fläche im Bereich eines 100-jährlichen Hochwasser­s. Die Abkürzung HQ steht für die Abflussmen­ge bei Hochwasser (H für „Hochwasser“und Q als Abfluss-Kennzahl) – sie besagt, dass statistisc­h einmal in 100 Jahren hier eine Überschwem­mung zu erwarten steht. Dargestell­t finden sich solche Überflutun­gsbereiche in den Hochwasser­gefahrenka­rten der Landesanst­alt für Umwelt BadenWürtt­emberg.

Bepflanzun­g

Das Areal ist mit heimischen Sträuchern bepflanzt worden – und zwar in großer Menge, nämlich 3300 Stück. Darunter befinden sich Hainbuche, Haselnuss, Hartriegel, aber auch rund 90 Bäume. Hier sind es vor allem Birke, Eiche, Linde. Angebracht wurden zudem hohe Masten für Greifvögel, die sich hier niederlass­en sollen.

Umzäunung des Auwalds

Sie sticht ins Auge und „dient dem Schutz vor Wildverbis­s und wird nach Abschluss der Entwicklun­gspflege nach vier Jahren zurückgeba­ut“, heiß es dazu aus dem Landratsam­t.

Auftrag

Mit der Umsetzung beauftragt war und ist die Firma Toriello aus Nagold. Der Kostenpunk­t beläuft sich auf rund 100.000 Euro inklusive der Pflege für vier Jahre. Zu ihr gehören in der Hauptsache die Bewässerun­g, Pflegeschn­itte und Mahd.

Zeitraum

Den zeitlichen Rahmen, in dem das Vorhaben gedacht wird, beschreibt das Landratsam­t als „dauerhaft, mit mindestens 30 Jahren“.

 ?? FOTO: RWE ?? Rechts die Schussen, im Hintergrun­d Sammletsho­fen: Auf dem (noch) umzäunten Areal am Ortsausgan­g von Kehlen entsteht ein Auwald, der Teil der Ausgleichs­maßnahmen für die Südumfahru­ng ist.
FOTO: RWE Rechts die Schussen, im Hintergrun­d Sammletsho­fen: Auf dem (noch) umzäunten Areal am Ortsausgan­g von Kehlen entsteht ein Auwald, der Teil der Ausgleichs­maßnahmen für die Südumfahru­ng ist.

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