Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Tiebreak-Monster vom Bodensee

VfB Friedrichs­hafen hat mit dem fünften Fünfsatz-Sieg der Saison die Play-offs in der Champions League erreicht

- Von Nico Brunetti

FRIEDRICHS­HAFEN - Der VfB Friedrichs­hafen hat sich am Dienstagab­end mit einem 3:2-Sieg in Montpellie­r aus eigener Kraft vorzeitig für die Play-offs in der Volleyball Champions League qualifizie­rt. „Dass wir das geschafft haben, und dazu noch ein Spiel vor Ende der Gruppenpha­se, ist eine gute Sache. Zuletzt ist das einer Mannschaft 2018 gelungen, darauf können wir stolz sein“, wird der VfB-Geschäftsf­ührer Thilo SpäthWeste­rholt auf der Vereinshom­epage zitiert. Einen Tag später war dann aber auch klar: Der direkte Einzug in das Viertelfin­ale ist nicht mehr möglich, weil sich der polnische Topclub Jastrzebsk­i Wegiel am Mittwochab­end mit einem glatten 3:0 (25:22, 25:16, 25:14)-Erfolg beim serbischen Vertreter Vojvodina Novi Sad den Gruppensie­g in Pool A sicherte.

In Montpellie­r wies Friedrichs­hafen wieder eine seiner größten Qualitäten in dieser Saison nach. Bei Spielen auf Messers Schneide bewahrt das Team von Trainer Mark Lebedew die Ruhe und ist nahezu immer in der Lage, am Ende entscheide­nd zuzuschlag­en. Die Häfler sind die Tiebreak-Monster vom Bodensee, denn in der laufenden Saison gewann der deutsche Pokalsiege­r alle fünf seiner Fünfsatz-Spiele: 3:2 gegen Montpellie­r HSC VB (10. November, Champions League), 3:2 bei den Helios Grizzlys Giesen (19. November, Bundesliga), 3:2 gegen die Berlin Recycling Volleys (17. Dezember, Bundesliga), 3:2 bei der SVG Lüneburg (30. Dezember, Bundesliga) und 3:2 bei Montpellie­r HSC VB (10. Januar, Champions League). „Fünfte Sätze sind schon 50:50-Spiele. Wir haben sie bis jetzt aber sehr konzentrie­rt und ohne Fehler gespielt, das ist am wichtigste­n“, sagte Lebedew gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Die bislang größte Konsequenz brachte der Tiebreak-Erfolg am Dienstagab­end mit sich. Mit dem 3:2 in Montpellie­r hat Friedrichs­hafen die Teilnahme an den Play-offs klargemach­t. „Es war ein spannendes Spiel, das von mir aus auch gar nicht so spannend hätte sein müssen. Aber mit 3:2 beim französisc­hen Meister zu gewinnen, war sicherlich eine anspruchsv­olle Aufgabe“, meinte Späth-Westerholt. Sicherlich: Der VfB lag im zweiten und vierten Satz jeweils komfortabe­l vorne, aber konnte den Vorsprung nicht halten. Zum Schluss waren die Häfler allerdings voll da und fuhren so mit zwei

Punkten nach Hause – und das, obwohl mit Ziga Stern der beste Spieler des Abends nach dem vierten Satz verletzung­sbedingt ausgewechs­elt werden musste.

Zum Abschluss der Gruppenpha­se gastiert der VfB am 25. Januar um 18 Uhr auswärts beim Gruppensie­ger Jastrzebsk­i Wegiel. Es geht nicht mehr um ganz so viel, ganz bedeutungs­los ist die Partie aber auch nicht. Mit einem Punktgewin­n wäre Friedrichs­hafen definitiv einer der drei besten Gruppenzwe­iten und hätte damit in den Play-offs auf dem Papier einen leichteren Gegner sowie Heimrecht im Rückspiel, was insbesonde­re bei einer Entscheidu­ng im Golden Set wertvoll wäre.

Terminiert sind die beiden Begegnunge­n für den 7. bis 9. Februar und 14. bis 16. Februar. Der VfB trägt sein Heimspiel in der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm aus. Wer als Gegner infrage kommt, entscheide­t sich nach dem letzten Spieltag in der Gruppenpha­se. Dem amtierende­n Champions-League-Sieger Zaksa Kedzierzyn-Kozle (Polen), der ebenfalls schon als Teilnehmer der Play-offs feststeht, dürfte der VfB sehr wahrschein­lich aus dem Weg gehen.

Erfolge sind auch immer in Sachen Prämien wichtig. Pro Sieg erhält jedes Team in der Gruppenpha­se 10.000 Euro, bei einer Niederlage sind es 5000 Euro. Bisher hat der VfB mit vier Siegen und einer Niederlage schon 45.000 Euro erspielt – den großen Reibach haben die Häfler in der Champions League damit allerdings nicht. Im Gegenteil: „Wir verkleiner­n nur unseren Verlust“, betonte Matthias Liebhardt, Pressespre­cher und Teammanage­r des VfB. Das liegt vor allem auch an der Teilnahmeg­ebühr von 25.000 Euro vor dem Start der Gruppenpha­se. Vor den Play-offs sind noch einmal 5000 Euro an die Confédérat­ion Européenne de Volleyball (CEV), europäisch­er Dachverban­d des Volleyball­s, zu entrichten. Dazu kommen Ausgaben für Reisen, Hotelübern­achtungen und Kosten für das CEV-Personal. Die Königsklas­se ist für die Vereine ein wichtiger Prestigewe­ttbewerb, aber trotz der großen Prämienste­igerungen im Verlauf der Jahre bis zum Viertelfin­ale immer noch ein Draufzahlg­eschäft. „Erst ab dem Halbfinale ist die Geschichte finanziell lukrativ“, so Liebhardt. Bei einem Einzug unter die letzten vier gibt es nämlich 125.000 pro Team.

Angesichts der starken Konkurrenz aus Italien und Polen ist das aber kaum zu schaffen. Der VfB hat mit dem Champions-League-Sieg im Jahr 2007 jedoch schon einmal eine sensatione­lle Leistung vollbracht. In der Saison 2022/2023 gehören die Häfler Volleyball­er zu den besten elf Mannschaft­en im höchsten europäisch­en Clubwettbe­werb. Für das Team um Kapitän Dejan Vincic war der wichtige Erfolg in Montpellie­r aber kein Grund zum Feiern. Die Tiebreak-Monster vom Bodensee sind noch nicht satt und wollen den Fokus in einer Zeit mit englischen Wochen am Fließband weiter hochhalten. Nächstes Ziel des Zweiten ist ein Sieg im Bundesliga­spiel beim Drittletzt­en Netzhopper­s Königs Wusterhaus­en-Bestensee am Samstag (19 Uhr, live bei Twitch).

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FOTO: ALEXANDER HOTH Nervenstar­k: Der VfB Friedrichs­hafen um Kapitän Dejan Vincic (rechts).

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