Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Tiebreak-Monster vom Bodensee
VfB Friedrichshafen hat mit dem fünften Fünfsatz-Sieg der Saison die Play-offs in der Champions League erreicht
FRIEDRICHSHAFEN - Der VfB Friedrichshafen hat sich am Dienstagabend mit einem 3:2-Sieg in Montpellier aus eigener Kraft vorzeitig für die Play-offs in der Volleyball Champions League qualifiziert. „Dass wir das geschafft haben, und dazu noch ein Spiel vor Ende der Gruppenphase, ist eine gute Sache. Zuletzt ist das einer Mannschaft 2018 gelungen, darauf können wir stolz sein“, wird der VfB-Geschäftsführer Thilo SpäthWesterholt auf der Vereinshomepage zitiert. Einen Tag später war dann aber auch klar: Der direkte Einzug in das Viertelfinale ist nicht mehr möglich, weil sich der polnische Topclub Jastrzebski Wegiel am Mittwochabend mit einem glatten 3:0 (25:22, 25:16, 25:14)-Erfolg beim serbischen Vertreter Vojvodina Novi Sad den Gruppensieg in Pool A sicherte.
In Montpellier wies Friedrichshafen wieder eine seiner größten Qualitäten in dieser Saison nach. Bei Spielen auf Messers Schneide bewahrt das Team von Trainer Mark Lebedew die Ruhe und ist nahezu immer in der Lage, am Ende entscheidend zuzuschlagen. Die Häfler sind die Tiebreak-Monster vom Bodensee, denn in der laufenden Saison gewann der deutsche Pokalsieger alle fünf seiner Fünfsatz-Spiele: 3:2 gegen Montpellier HSC VB (10. November, Champions League), 3:2 bei den Helios Grizzlys Giesen (19. November, Bundesliga), 3:2 gegen die Berlin Recycling Volleys (17. Dezember, Bundesliga), 3:2 bei der SVG Lüneburg (30. Dezember, Bundesliga) und 3:2 bei Montpellier HSC VB (10. Januar, Champions League). „Fünfte Sätze sind schon 50:50-Spiele. Wir haben sie bis jetzt aber sehr konzentriert und ohne Fehler gespielt, das ist am wichtigsten“, sagte Lebedew gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“.
Die bislang größte Konsequenz brachte der Tiebreak-Erfolg am Dienstagabend mit sich. Mit dem 3:2 in Montpellier hat Friedrichshafen die Teilnahme an den Play-offs klargemacht. „Es war ein spannendes Spiel, das von mir aus auch gar nicht so spannend hätte sein müssen. Aber mit 3:2 beim französischen Meister zu gewinnen, war sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe“, meinte Späth-Westerholt. Sicherlich: Der VfB lag im zweiten und vierten Satz jeweils komfortabel vorne, aber konnte den Vorsprung nicht halten. Zum Schluss waren die Häfler allerdings voll da und fuhren so mit zwei
Punkten nach Hause – und das, obwohl mit Ziga Stern der beste Spieler des Abends nach dem vierten Satz verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste.
Zum Abschluss der Gruppenphase gastiert der VfB am 25. Januar um 18 Uhr auswärts beim Gruppensieger Jastrzebski Wegiel. Es geht nicht mehr um ganz so viel, ganz bedeutungslos ist die Partie aber auch nicht. Mit einem Punktgewinn wäre Friedrichshafen definitiv einer der drei besten Gruppenzweiten und hätte damit in den Play-offs auf dem Papier einen leichteren Gegner sowie Heimrecht im Rückspiel, was insbesondere bei einer Entscheidung im Golden Set wertvoll wäre.
Terminiert sind die beiden Begegnungen für den 7. bis 9. Februar und 14. bis 16. Februar. Der VfB trägt sein Heimspiel in der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm aus. Wer als Gegner infrage kommt, entscheidet sich nach dem letzten Spieltag in der Gruppenphase. Dem amtierenden Champions-League-Sieger Zaksa Kedzierzyn-Kozle (Polen), der ebenfalls schon als Teilnehmer der Play-offs feststeht, dürfte der VfB sehr wahrscheinlich aus dem Weg gehen.
Erfolge sind auch immer in Sachen Prämien wichtig. Pro Sieg erhält jedes Team in der Gruppenphase 10.000 Euro, bei einer Niederlage sind es 5000 Euro. Bisher hat der VfB mit vier Siegen und einer Niederlage schon 45.000 Euro erspielt – den großen Reibach haben die Häfler in der Champions League damit allerdings nicht. Im Gegenteil: „Wir verkleinern nur unseren Verlust“, betonte Matthias Liebhardt, Pressesprecher und Teammanager des VfB. Das liegt vor allem auch an der Teilnahmegebühr von 25.000 Euro vor dem Start der Gruppenphase. Vor den Play-offs sind noch einmal 5000 Euro an die Confédération Européenne de Volleyball (CEV), europäischer Dachverband des Volleyballs, zu entrichten. Dazu kommen Ausgaben für Reisen, Hotelübernachtungen und Kosten für das CEV-Personal. Die Königsklasse ist für die Vereine ein wichtiger Prestigewettbewerb, aber trotz der großen Prämiensteigerungen im Verlauf der Jahre bis zum Viertelfinale immer noch ein Draufzahlgeschäft. „Erst ab dem Halbfinale ist die Geschichte finanziell lukrativ“, so Liebhardt. Bei einem Einzug unter die letzten vier gibt es nämlich 125.000 pro Team.
Angesichts der starken Konkurrenz aus Italien und Polen ist das aber kaum zu schaffen. Der VfB hat mit dem Champions-League-Sieg im Jahr 2007 jedoch schon einmal eine sensationelle Leistung vollbracht. In der Saison 2022/2023 gehören die Häfler Volleyballer zu den besten elf Mannschaften im höchsten europäischen Clubwettbewerb. Für das Team um Kapitän Dejan Vincic war der wichtige Erfolg in Montpellier aber kein Grund zum Feiern. Die Tiebreak-Monster vom Bodensee sind noch nicht satt und wollen den Fokus in einer Zeit mit englischen Wochen am Fließband weiter hochhalten. Nächstes Ziel des Zweiten ist ein Sieg im Bundesligaspiel beim Drittletzten Netzhoppers Königs Wusterhausen-Bestensee am Samstag (19 Uhr, live bei Twitch).