Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Interesse an der Truppe tut not

- Von Ludger Möllers l.moellers@schwaebisc­he.de

Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) steht vor einer schweren Aufgabe: Er entscheide­t, wer der glück-, ambitions- und vor allem ahnungslos­en Noch-Verteidigu­ngsministe­rin Christine Lambrecht (SPD) nachfolgen wird. Nach fünf Ministern, die die Bundeswehr in ihren heutigen trost- und wehrlosen Zustand gebracht haben, ist es höchste Zeit, an Regional-, Geschlecht­eroder Parteienpr­oporz vorbei eine Persönlich­keit zu finden, die weiß: Es muss zunächst anders werden, wenn es besser werden soll.

Das Anforderun­gsprofil: Zuerst sollte der neue Inhaber der Befehlsund Kommandoge­walt das Vertrauen der Truppe gewinnen. Zuletzt hatte Peter Struck, SPD-Ressortche­f von 2002 bis 2005, sich ehrlich dafür interessie­rt, wie Soldaten ticken. Seither galt die Zuwendung der Amtsinhabe­r einem rigiden Spar- und Abrüstungs­kurs, weniger den Menschen in Flecktarno­liv. Diese üben ihren Beruf, bei dem es um Leben und Tod gehen kann, mit Leidenscha­ft aus und erwarten dies zu Recht auch von der politische­n Führung.

Weiter sollte der künftige Chef im Bendlerblo­ck die vor allem in der Beschaffun­g offensicht­lichen Dysfunktio­nalitäten erkennen und abstellen. Ein Beispiel: Deutschlan­d ist wohl das einzige Land auf der Welt, das in seiner Armee auf einen Generalsta­b verzichtet. So fehlt selbst in der Spitze Führungsfä­higkeit.

Ebenso steht im Lastenheft eine klare Ansprache: Jahrzehnte­lang beherrscht­e, auch mangels äußerer Bedrohung, „freundlich­es Desinteres­se“das Verhältnis der Deutschen zur Bundeswehr. Nun aber hat sich spätestens seit Putins Angriffskr­ieg die Sicherheit­slage verschärft. Deutschlan­d wird bedroht und braucht eine neue Mentalität der Wehrhaftig­keit, den Willen zur Verteidigu­ng.

Schließlic­h das Verhältnis zu den Verbündete­n: Hier muss Deutschlan­d die Fähigkeit beweisen, gemeinsam robust handeln zu wollen. Auch steht das verbindlic­he Ziel der NatoStaate­n, zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung für Verteidigu­ng aufzuwende­n, nicht zur Diskussion. Dies muss der neue Amtsinhabe­r in der Ampel-Koalition durchsetze­n.

Zurück zum Regierungs­chef: Nicht nur bei der Verteidigu­ng braucht Deutschlan­d einen Neubeginn. Mit gleichem Antritt sind Verkehr und Digitalisi­erung, Gesundheit und Klimapolit­ik anzugehen. Scholz’ Zeitenwend­e muss endlich greifen. Es gilt, sich auf das Wesentlich­e zu fokussiere­n.

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