Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mehr Geld für den Katastrophenschutz
Land will 25 Millionen Euro in neue Ausstattung investieren – DRK fordert mehr
BADEN-WÜRTTEMBERG - Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal forderten die Rettungsdienste im Land, den Katastrophenschutz besser auszustatten. Dafür wird die grün-schwarze Regierung in den kommenden Jahren mehr Geld ausgeben als ursprünglich angekündigt. Doch den Kritikern reicht das nicht.
Eigentlich sollten nur vier Millionen Euro über zwei Jahre für den Katastrophenschutz fließen. Nun stellen Grüne und CDU einmalig weitere 25 Millionen Euro zur Verfügung. Mit dem Geld sollen zwischen 2024 und 2026 neue Fahrzeuge angeschafft werden und all das, was gebraucht wird, um eine große Gruppe im Ernstfall zu versorgen, zum Beispiel mobile Küchen, Feldbetten oder Hygieneartikel. Weitere zehn Millionen Euro sollen über zwei Jahre in den Rettungsdienst fließen.
Die Investitionen werden größtenteils an den Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) gehen. Das DRK macht mehr als 80 Prozent der freiwilligen Einsatzeinheiten in Baden-Württemberg aus. Daneben bestehen zum Beispiel Organisationen wie die Johanniter-Unfall-Hilfe oder der Malteser Hilfsdienst. Sie finanzieren sich im Wesentlichen selbst durch Spenden und Mitgliedsbeiträge. Sie erhalten aber Zuschüsse vom Land, um beispielsweise Aus- und Fortbildungen oder die Mieten für die Unterbringung von Fahrzeugen zu bezahlen.
Wenn der Bevölkerung Gefahr durch Naturereignisse wie Hochwasser droht, sind die Behörden neben Feuerwehr und Polizei oft auch auf die Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen angewiesen. Denn die Behörden koordinieren diesen Einsatz. Die meisten Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen engagieren sich ehrenamtlich. Es gibt aber auch hauptamtliche Mitarbeiter, die beispielsweise für den Rettungsdienst im Einsatz sind.
Das DRK sei dankbar, dass die Landesregierung erkannt hat, dass es Investitionen genau in diesem Bereich geben muss. „Allerdings glauben wir nicht, dass es schon ausreichend ist, um jetzt zu sagen: ,Wir sind super toll aufgestellt’“, sagt Jürgen Wiesbeck, Landeskatastrophenschutzbeauftragter des DRK.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel hätte sich grundsätzlich „mehr Spielraum bei den Investitionen“gewünscht. „In diesen stürmischen Zeiten brauchen wir jedoch einen Haushalt der Gemeinsamkeit, von Maß und Mitte“, so Hagel. Die CDU hatte bereits im Frühjahr 2022 angekündigt, sich beim grünen Koalitionspartner für mehr Katastrophenschutz-Geld einzusetzen.
Mit neuer Ausstattung allein sei es nicht getan, sagt Katastrophenschützer Wiesbeck vom DRK. Fahrzeuge wie die gesamte Ausrüstung müssten instand gehalten werden. Auch dafür bräuchte es mehr Geld. „Da ist im aktuellen Haushalt leider nichts zu erkennen“, sagt Wiesbeck. Darauf verweist auch die FDP-Landtagsfraktion. „Diese Kosten darf man nicht unterschätzen“, schreibt der Sprecher für Bevölkerungsschutz der FDP-Landtagsfraktion, Nico Weinmann.
Die jährlichen Zuschüsse vom Land würden „ungefähr die Hälfte der tatsächlichen Kosten“decken, sagt Wiesbeck. Für den Rest käme das DRK auf. Dieses habe aber mittlerweile Probleme, neue Mitglieder zu gewinnen und damit weitere Mitgliedsbeiträge. Die Pauschalen, die das DRK vom Land bekommt, seien vor mehr als zehn Jahren berechnet worden. Das entspreche nicht mehr den Gegebenheiten. Allein die Mieten für die Unterbringung der Fahrzeuge seien heute viel höher. Dafür reiche die monatliche Pauschale vom Land in Höhe von knapp 3,50 Euro pro Quadratmeter keinesfalls aus.
Das DRK fordere weiterhin, dass das Land für seinen Katastrophenschutz vollumfänglich die Kosten trägt, sagt Wiesbeck. Dafür bräuchte es gut 25 Millionen Euro pro Jahr und nicht einmalige Investitionen. Damit sollte es gelingen, die Finanzierung des Katastrophenschutzes auf den tatsächlichen Bedarf abzustimmen und „nicht auf dem Rücken derer, die sich freiwillig und unentgeltlich am Katastrophenschutz beteiligen“. Um das zu garantieren, sollte das Landeskatastrophenschutzgesetz geändert werden.
Die Opposition begrüßt die geplanten Mehrausgaben, äußert aber auch Kritik. Für die SPD-Landtagsfraktion kommt das Sonderprogramm zu spät, zumal das Geld planmäßig erst ab 2024 ausbezahlt wird.
Die FDP-Landtagsfraktion möchte die vielen ehrenamtlichen Einsatzkräfte stärker würdigen und fordert eine schnellere Umsetzung der Ehrenamtskarte. Mit dieser sollen engagierte Bürgerinnen und Bürger vergünstigte Eintritte wie in Museen bekommen. Baden-Württemberg erprobt die Karte ab dem kommenden Frühjahr zunächst an vier Orten. In Bayern gibt es vielerorts bereits seit 2011 eine Ehrenamtskarte.
Die Afd-Landtagsfraktion erwartet mehr Investitionen zur „Blackoutprävention“. Von einem Blackout spricht man, wenn die Stromversorgung für eine längere Zeit unterbrochen ist. Eigentlich liegt die Verantwortung im Katastrophenschutz bei den Ländern. Doch die Flutkatastrophe im Ahrtal zeigte, dass es bundesweit weitgehend einheitliche Strukturen braucht, um im Katastrophenfall schnell zu reagieren. Deshalb forderten die Innenminister der Länder den Bund dazu auf, ein Konzept über den Zivil- und Katastrophenschutz in Deutschland zu erarbeiten. Das sollte eigentlich ab 2023 vorliegen. Wegen der aktuellen Haushaltslage bekommt der Bund nun ein Jahr mehr Zeit.
Der Bund wurde dafür kritisiert, im Haushalt für das Jahr 2023 zu wenig Geld für den Katastrophenschutz vorzusehen. Die geplanten Ausgaben für das Technische Hilfswerk und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wurden sogar gekürzt. Auf Drängen der Landesinnenminister versicherte der Bund Anfang Dezember: In den nächsten zehn Jahren sollen zehn Milliarden Euro in den Pakt zum Bevölkerungsschutz fließen.
Auch in den flächendeckenden Ausbau von Sirenen soll weiter investiert werden. Das zum Jahresende auslaufende Sonderförderprogramm des Bundes soll fortgesetzt und mit deutlich mehr Geld ausgestattet werden. Unter anderem Baden-Württemberg hatte eine Verlängerung des Programms gefordert, weil das Fördergeld nicht für alle Kommunen ausreicht, die sich beworben hatten. Das Land wurde bislang mit rund 11,2 Millionen Euro in diesem Bereich gefördert.