Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Große Vorfreude auf erste echte Fasnet nach der Pandemie
Hauptversammlung der VSAN in Konstanz – Narren-Präsident Wehrle warnt vor zu vielen Auflagen
KONSTANZ - Im 99. Jahr ihres Bestehens hat die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) am Wochenende ihre Hauptversammlung im Konstanzer Konzil am Bodensee abgehalten. VSAN-Präsident Roland Wehrle schwörte dabei die Vertreterinnen und Vertreter der 68 Mitgliederzünfte auf die erste richtige Fasnet seit Corona ein.
Es war ein besonderer Ort, an dem sich die Mitglieder der VSAN am Samstag getroffen haben, um die wichtigsten Themen vor dem Start der Fasnet zu besprechen. Dort, wo vor rund 600 Jahren ein Papst auf deutschem Boden gewählt wurde, waren nun rund 300 Narrenrätinnen und Narrenräte versammelt, um die Weichen für die Zukunft der nun bald 100 Jahre alten VSAN zu stellen. Und diese Zukunft werde immer schwieriger, wie Präsident Roland Wehrle deutlich macht. „Es gibt immer mehr Hindernisse für unsere Fasnacht. Die behördlichen Einschränkungen nehmen zu, die Genehmigungen werden immer komplizierter und teurer“, betont Wehrle, der dabei auf einen aktuellen Fall in Villingen anspielt. Dort hat eine Frau gegen das Narrentreffen der Katzenmusik wegen Lärmbelästigung geklagt. Das ging sogar soweit, dass VSAN-Präsident Wehrle sich mit dem Richter des zuständigen Freiburger Verwaltungsgerichts auseinandersetze, weil er hier generell die Fasnet in Gefahr gesehen hat. „Ich habe ihm die Bedeutung der Fasnacht erklärt“, macht Wehrle deutlich und schiebt hinterher: „Wenn so eine Klage Erfolg hat, werden wir bald keine Umzüge mehr veranstalten können.“Die Klage scheiterte – dennoch sieht Wehrle sich und die VSAN nun noch stärker in der Pflicht, für das Narretei, das Brauchtum und auch damit verbundene Ehrenamt zu kämpfen. „Wir werden direkt nach der Fasnet wieder den runden Tisch mit dem Innenministerium aufnehmen und genau diese
Dinge besprechen. Wir brauchen vernünftige Kooperationen mit den Ordnungsämtern der Kommunen und wir brauchen klare Regelungen, die auch für alle machbar sind“, so der Präsident, der sagt: „Wenn wir das jetzt nicht regeln, werden wir in zehn Jahren keine Ehrenamtlichen mehr finden, die bereit sind, eine Straßenfasnet, wie wir sie kennen, zu organisieren.“
Um den Stellenwert der schwäbisch-alemannischen Fasnacht weiter zu zementieren, bereitet die VSAN in enger Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Karneval aus Köln und dem Grosselfinger Narrengericht, das urkundlich bereits vor 400 Jahren Erwähnung fand, einen Antrag vor, um ins Unesco-Welterbe aufgenommen zu werden. „Wir sind ein Teil der Kultur dieses Landes. So haben wir die große Chance, dass die schwäbisch-alemannische Fasnacht langfristig erhalten bleibt. Zudem macht es uns den Umgang mit den Behörden einfacher“, sagt Wehrle. Bereits seit dem Jahr 2014 ist die schwäbisch-alemannische Fasnacht auf der Liste des immateriellen deutschen Kulturerbes – eine Voraussetzung, um auf die Welterbe-Liste zu kommen. „Wir wollen klar auf die Kulturliste der ganzen Menschheit. Und das geht nicht alleine. Deswegen kooperieren wir auch schon seit fünf Jahren beispielsweise mit dem Rheinischen Karneval, der ja den gleichen Ursprung hat“, betont der Präsident.
Mit großen Emotionen blicken die Narren im Land indes auch auf die bevorstehende Fasnet – die erste „richtige“Fasnet seit dem Ausbruch der Pandemie. „Nach diesen beiden krisenhaften Jahren mit massiven Einschnitten für unsere Fasnet wollen und werden wir nun wieder richtig feiern“, verspricht der Präsident, wohlwissend, dass der Angriffskrieg auf die Ukraine vor einem Jahr exakt am Glombigen/Schmutzigen Doschdig begonnen wurde und immer noch anhält. Im kommenden Jahr feiert die VSAN dann ihr 100-jähriges Bestehen, Präsident Roland Wehrle wird bei der Wahl im Jahr 2025 dann nicht mehr antreten. Mit seiner Nachfolge beschäftigt sich seit mehreren Monaten eine Findungskommisson, der Zunftmeister, Mitglieder des Präsidiums und Manuel Hagel, CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag und Mitglied der Narrenzunft Spritzenmuck aus Ehingen, angehören. Kandidaten oder gehandelte Namen gebe es derzeit nicht, dafür sei es noch viel zu früh. „Wir beschäftigen uns aktuell mit der Struktur unserer Vereinigung“, erklärt VSAN-Vizepräsident Peter Schmidt aus Munderkingen. Es werde auch darüber nachgedacht, einen hauptamtlichen Geschäftsführer zu installieren. „Im Ehrenamt ist das nicht mehr zu leisten“, sagt auch Wehrle.