Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Warum TransnetBW für Sonntagabend zum Stromsparen aufgerufen hat
Der Netzbetreiber muss bereits zum zweiten Mal im Südwesten einem Engpass gegensteuern – Eckpunktepapier sieht Rationierung vor
STUTTGART (eva/dpa) - Eine Warnmeldung des Stromnetzbetreibers TransnetBW hat am Sonntag vermutlich viele Menschen im Südwesten beunruhigt. Transnet hatte am Sonntagvormittag die Verbraucher dazu aufgerufen, ab dem Nachmittag Strom zu sparen, um einen Engpass zu vermeiden. In der Zeit von 17 bis 19 Uhr sollten Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen nach Möglichkeit nicht benutzt werden, so teilte TransnetBW in Stuttgart mit. Auch Laptops sollten nicht betrieben und keine Akkus geladen werden. Eine Stromabschaltung sei jedoch nicht zu befürchten, so der Netzbetreiber.
Zu der kritischen Situation in der Stromversorgung führte laut Transnet die extreme Wind- und Wettersituation im Norden Deutschlands, die zu eingeschränkten Übertragungskapazitäten führe. Deshalb müsse teurer Strom aus dem Ausland eingekauft werden. So ein „Redispatch“bezeichnet einen Eingriff in die Stromerzeugung, um eine Überlastung zu vermeiden. Zur Deckung eines Redispatch-Bedarfs in BadenWürttemberg werden laut Transnet dann mehr als 500 Megawatt Kraftwerksleistung aus dem Ausland bezogen.
Eine ähnliche Situation gab es bereits am 7. Dezember. Die „Schwäbische Zeitung“hatte darüber berichtet. Damals hatte der Netzbetreiber die Warnung nicht mit einem konkreten Ereignis begründet, sondern lediglich mit dem Hinweis auf einen erhöhten Bedarf für einen Strombezug aus dem Ausland. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und dem Ausbau volatiler erneuerbarer Energien werden solche Eingriffe immer häufiger, zumal auch das Netz zum Stromtransport von Norden nach Süden noch nicht ausreichend ausgebaut ist, so teilt TransnetBW mit.
Für solche Situationen hat die Transnet die App „StromGedacht“entwickelt. Die App ist seit Mitte November in Betrieb und wird nach Angaben
von TransnetBW im Dezember von rund 10.000 Verbrauchern genutzt. Laut dem Betreiber soll sie unter dem Motto „Heute schon an StromGedacht?“die Verbraucher sensibilisieren und die „Menschen nicht erst in der drohenden Strommangel-Situation zum Stromsparen aufrufen“heißt es in der Mitteilung. Sie könne auch zur Senkung der Stromkosten beitragen. Denn bei einem hohem Redispatch-Bedarf werden meist Kohle-Kraftwerke hochgefahren. Die Kosten werden auf die Verbraucher umgelegt. „Je weniger Strom dann in diesen Situationen gebraucht wird, desto besser für das Klima und den eigenen Geldbeutel“, schreibt der Stromnetzbetreiber.
Die App war am 7. Dezember zum ersten Mal auf „Rot“gesprungen. Damit verbunden ist der Hinweis, etwa Akkus vor Beginn des kritischen
Zeitfensters, in der „Gelb-Phase“, zu laden. Während der „Grün-Phase“müssen Verbraucher nichts Bestimmtes beachten.
Um die Stabilität des Stromnetzes gibt es immer wieder Diskussionen. Am Wochenende warnte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, laut einem Bericht in der „FAS“vor einer Überlastung des Stromnetzes durch die steigende Zahl privater Elektroauto-Ladestationen und strombetriebener Wärmepumpen. Die Netzagentur habe deshalb ein Eckpunktepapier veröffentlicht, das in Zeiten hoher Netzauslastung eine Stromrationierung für Wärmepumpen und ElektroautoLadestationen vorsieht. Netzbetreiber sollen dann zwangsweise die Stromversorgung der Anlagen drosseln. Diese Pläne sollen zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.