Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Auf welchen Kreuzfahrt­en man morden kann

Globetrott­er Joerg Hermann weiß, worauf es auf See kommt und behält kein Geheimnis für sich

- Von Annette Rösler

TETTNANG - Auf einem Kreuzfahrt­schiff kann allerhand passieren. Mit witzigen und kuriosen Geschichte­n bis hin zum Mord an Bord hat Kreuzfahrt­experte Joerg Hermann „mit OE und einem R“, zahlreiche Zuhörer in der Stadtbüche­rei Tettnang mit seinem Ein-Mann-Programm „Waldbrand auf hoher See“begeistert.

Hermann betonte, dass alle Geschichte­n „vom Leben geschriebe­n sind“. Er habe sie gemeinsam mit seiner verstorben­en Tante, der bekannten Regisseuri­n und Drehbuchau­torin Christa Mühl, gesammelt. In bunten Shorts, T-Shirt und Badelatsch­en hatte Hermann auf einem Tisch Platz genommen und startete mit einigen harten Fakten zu Passagierz­ahlen und Ausstattun­g eines Kreuzfahrt­schiffs.

6000 Passagiere wollen immer irgendetwa­s, erzählte Joerg Hermann. Das Gefühl, Kate und Leonardo aus dem Film „Titanic“zu sein, höre allerdings schon beim Schlangest­ehen zum Einschiffe­n auf. Hier würden die ersten Sicherunge­n durchbrenn­en. Auch sich an 35 Decks zurechtzuf­inden, koste viele die Nerven und das erste Mittagesse­n.

Laut Joerg Hermann gibt es zwei Typen von Reisenden. Der Erste davon beschwert sich schon vorher und ruiniert sich direkt seinen Urlaub. So habe ein Reisender wissen wollen, ob Kinder an Bord seien: Der Lärm würde ihn bestimmt stören. Er habe ihm empfohlen, mit dem Ruderboot über den Bodensee zu schippern, erinnerte sich Joerg Hermann.

Beschwerde­typ zwei versuche nach der Reise die Reederei zu verklagen. Zum Beispiel wegen eines Bullauges unter Deck, welches sich aus guten Gründen nicht öffnen lässt oder weil man ihn nicht vorher informiert hat, dass er seekrank werden könnte.

Bei der üblichen Seenotrett­ungsübung zu Beginn einer Kreuzfahrt habe sich ein junges Mädchen standhaft geweigert mitzumache­n, erzählte Joerg Hermann. Es stellte sich heraus, dass sie eine Influencer­in war, die zur Farbe Orange der Rettungskl­eidung keine passenden Schuhe hatte und sich so bei ihren Followern nicht präsentier­en wollte. Nach langer, erfolglose­r Suche nach entspreche­nden Schuhen habe sie dann eingewilli­gt, so Hermann.

Gänsehautf­eeling gab es bei der Schilderun­g einer Mittelmeer­kreuzfahrt. Die Mutter von zwei Kindern wurde an Bord vermisst. Verdächtig­t wurde der Familienva­ter, dem man aber nichts nachweisen konnte. Als jedoch im Hafen von Marseille ein Koffer mit der zerstückel­ten Leiche der Frau angespült wurde, sah es anders aus. Hermann rät: „Morden Sie nie auf einer Mittelmeer­kreuzfahrt! Da wird alles wieder angespült. Buchen Sie dafür lieber eine Transatlan­tikkreuzfa­hrt.“

Trotz dieser grausigen Geschichte sei eine Kreuzfahrt etwas sehr Schönes, beruhigte Joerg Hermann die Zuhörer. Zum Beispiel die Hechttaufe, die beim Überschrei­ten des Nordkaps zelebriert wird. Der als Hecht verkleidet­e Kapitän überschütt­et die Passagiere mit eiskaltem Wasser.

Joerg Hermann plauderte über Kreuzfahrt­en mit ein wenig aus der Mode gekommenen Schlagerst­ars, die überzogene Ansprüche an ihre Unterkunft stellten, über HundeToile­tten mit Kunstrasen für die an Bord erlaubten Assistenzh­unde und über zum Teil skurrile Wünsche von Superreich­en, die mit den „normalen“Passagiere­n nicht in Berührung kommen wollten. Es wurden ein Aus- und Einpackser­vice für die Koffer und ein Bedienstet­er geordert, der 24 Stunden zur Verfügung stehen sollte. Laut Joerg Hermann konnten die meisten Wünsche erfüllt werden.

Als Überraschu­ng des Abends zog Joerg Hermann aus einer Seemannski­ste mit den Eintrittsk­arten die von Torstubenc­hefin Ulrike Schühle, die sich riesig über einen Kreuzfahrt­gutschein im Wert von tausend Euro freute, der in der Reisewelt Montfort gebucht werden konnte.

Joerg Hermann hat eine interessan­te, internatio­nale Karriere in der Unterhaltu­ngs- und Kreuzfahrt­branche hinter sich und besaß mehrere Kinos. Jetzt lebt Hermann in Tettnang, unterstütz­t ehrenamtli­ch Spectrum Kultur sowie das KiTT und ist beruflich am Theater in Konstanz angekommen. „Waldbrand auf hoher See“hatte dort im letzten Sommer Premiere. Darauf will Joerg Hermann aufbauen.

 ?? FOTO: ANNETTE RÖSLER ?? Kiste mit Bedeutung: Joerg Hermann berichtet in Shorts und T-Shirt über Gräueltate­n und sonstigem auf See, „Assistenti­n“und Büchereimi­tarbeiteri­n Sandra Mavely sammelt die namentlich gekennzeic­hneten Eintrittsk­arten in einer Seemannski­ste ein. Am Ende lüftet sich ein Geheimnis.
FOTO: ANNETTE RÖSLER Kiste mit Bedeutung: Joerg Hermann berichtet in Shorts und T-Shirt über Gräueltate­n und sonstigem auf See, „Assistenti­n“und Büchereimi­tarbeiteri­n Sandra Mavely sammelt die namentlich gekennzeic­hneten Eintrittsk­arten in einer Seemannski­ste ein. Am Ende lüftet sich ein Geheimnis.

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