Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Alarmstimmung vor dem Auftakt
Nach vier Gegentoren im Test wachsen beim FC Bayern die Sorgen auf der Torhüterposition
MÜNCHEN (SID/dpa) - Oliver Kahn war alarmiert. Die „turbulente“Generalprobe für den Kracherstart habe „gezeigt, dass wir noch einiges zu tun haben“, schrieb der Vorstandschef von Bayern München nach dem wilden 4:4 (1:1) im Test gegen Red Bull Salzburg bei Twitter – und das gilt nicht nur für Julian Nagelsmann und seine ersatzgeschwächte Mannschaft. Das leidige Torwartproblem ist vor dem Bundesligaauftakt am Freitag bei RB Leipzig noch immer ungelöst, Nagelsmann erhöhte deshalb noch einmal den Druck auf die Bosse.
„Jeder sieht doch die Torwart-Situation. Wir müssen sowieso einen Torwart holen, das steht außer Frage“, sagte der Bayern-Coach. „Ich mach' jetzt mal den fiktiven Fall: Der Ulle reißt sich nächste Woche das Innenband. Was machen wir dann? Dann muss ein ganz junger Torwart, der heute sein erstes Spiel gemacht hat, in der Champions League und in der Bundesliga spielen. Dann sagt jeder, seid ihr noch ganz dicht, warum holt ihr keinen Torwart?“
Zwar forderten die Fans auf der Tribüne unverdrossen „Ulle für Deutschland“, doch Sven Ulreich soll den Platz als Vertreter des verletzten Manuel Neuer in München räumen. Dass die Bayern gleich vier Gegentore kassierten, lag zwar nicht an Ulreich oder dem jungen Johannes Schenk, der ihn beim Stand von 1:3 ablöste. Dennoch arbeiten Kahn und Co. fieberhaft an der großen Lösung mit Wunschkandidat Yann Sommer.
Dass der Schweizer Torhüter zu den Bayern passen würde, steht für Leipzigs Sportchef Max Eberl außer Frage. „Yann Sommer ist aus meiner Wahrnehmung einer der besten Torhüter in der Bundesliga, vielleicht sogar in Europa. Er hat für mich noch mal in seinem höheren Fußballeralter eine unfassbare Entwicklung genommen“, sagte er bei „Bild“. Sommer sei „einen Touch besser als Ulreich“.
Doch die Lage ist vertrackt. Sommer stand am Wochenende beim 0:1 gegen den FC St. Pauli 90 Minuten im Tor von Borussia Mönchengladbach – was zumindest nicht für einen schnellen Wechsel spricht. „Wir schauen weiter, was möglich ist und welche Optionen wir auf dem aktuell schwierigen Transfermarkt haben. Irgendwann werden wir die richtige Entscheidung treffen“, sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Laut eines Berichts des Schweizer Boulevardblatts „Blick“haben die Bayern und Gladbacher die Gespräche über einen Wechsel von Sommer nach München am Sonntag neu aufgenommen.
Doch „Stand heute“wir Ulreich in Leipzig im Bayern-Tor stehen, sagte Nagelsmann noch tags zuvor. Gegen Salzburg spielte der Ersatzgoalie gut, bei den drei Gegentreffern, die er kassierte, war er machtlos. „Undankbar“, nannte Nagelsmann den Test nur einen Tag nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in Katar. Was ihn ärgerte: Dass bei zwei der vier Gegentore die Konterabsicherung nicht funktionierte, wie so oft. „Das ist ein ähnliches Muster, wie wir die Tore kriegen“, schimpfte Nagelsmann.
Immerhin: Winterzugang Daley Blind, der mit neun weiteren Ersatzleuten
die schwächelnde Stammelf abgelöst hatte (63.), gab im Abwehrzentrum laut Nagelsmann ein „gutes“Debüt. Der Niederländer versicherte: „Ich bin bereit, wenn ich gebraucht werde.“Das gilt noch nicht für alle Bayern.
Spätestens am Freitagabend (20.30 Uhr/Sat.1 und DAZN) wird aber von allen eine Topleistung erwartet. Nach über zwei Monaten WM- und Winterpause kann das Auftaktduell des 16. Spieltags am Freitag zwischen Spitzenreiter FC Bayern (34 Punkte) und dem Tabellendritten Leipzig (28) Aufschluss darüber geben, wie viel Gegenwehr die Münchner auf dem Weg zum elften Meistertitel am Stück bekommen werden. Und wie spannend die Liga in diesem Jahr ist. „Wenn wir am Freitag in Leipzig gewinnen, haben wir einen guten Schritt getan gegen einen direkten Konkurrenten. Wenn wir nicht gewinnen, ist es sehr, sehr spannend“, sagte Nagelsmann. Dass seine größte Baustelle im Tor weiterhin ungelöst ist, macht die Lage nicht einfacher.