Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Scholz hält Lambrecht-Nachfolge offen
Kanzler verspricht bei Ulm-Besuch „sehr schnelle“Lösung fürs Verteidigungsministerium
ULM - Nach dem Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht stellt Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) eine schnelle Nachfolgeregelung in Aussicht. „Ich habe eine klare Vorstellung, und es wird sehr schnell für alle bekannt gegeben werden, wie es weitergehen soll“, sagte Scholz am Montag am Rande eines Besuches in Ulm. In der Donaustadt besuchte der Kanzler sowohl die Brauerei Gold Ochsen als auch den Rüstungselektronik-Konzern Hensoldt.
Lambrecht hatte Scholz am Vormittag um ihre Entlassung gebeten. Der Schritt war bereits seit einigen Tagen erwartet worden. „Die monatelange mediale Fokussierung“auf ihre Person lasse „eine sachliche Berichterstattung und Diskussion“über Fragen der Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen „kaum zu“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung Lambrechts vom Montag. Die Ministerin stand bereits länger in der Kritik, ihr wurden schlechte Kommunikation und fehlende Sachkenntnis vorgeworfen, aber auch eine schleppende Beschaffung von Ausrüstung und ein zögerlicher Kurs bei der Bereitstellung von Hilfen für die Ukraine. Hinzu kamen Fehler und Tritte in Fettnäpfchen, unter anderem das Foto ihres Sohnes auf Mitreise in einem Bundeswehrhubschrauber und zuletzt eine von vielen als verunglückt empfundene
Video-Neujahrsbotschaft, bei der im Hintergrund Silvesterraketen flogen.
Scholz würdigte aber am Montag die Leistungen der Ministerin. „Ich habe viele viele Jahre gut und gerne mit Christine Lambrecht zusammengearbeitet“, sagte der Kanzler. „Nach dem furchtbaren Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die Verteidigungsministerin sich mit ungeheurem Einsatz darum gekümmert, dass jahrzehntelang ausgetrampelte Pfade verlassen werden und wir den großen Aufbruch hinbekommen, der für unsere Landesverteidigung wichtig ist.“Auch um die Unterstützung für die Ukraine habe sich Lambrecht verdient gemacht. Er habe hohen Respekt für die Ministerin und dankte ihr für ihre Arbeit.
In Berlin schießen derweil die Spekulationen über die Nachfolge ins Kraut. Zunächst hieß es, es gebe fünf Kandidaten bei der SPD für das Amt: Parteichef Lars Klingbeil, Arbeitsminister Hubertus Heil, Kanzleramtsminister und Scholz-Intimus Wolfgang Schmidt sowie die Wehrbeauftragte Eva Högl und Siemtje Möller, eine parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium. Die „Bild“-Zeitung berichtete am Montag, dass bei der Besetzung des Ministeriums die Frauenquote nicht länger gelte. Dennoch seien Klingbeil, Heil und Schmidt aus dem Rennen – da sie allesamt in ihren anderen Ämtern für die SPD beziehungsweise die Regierung unentbehrlich seien. POLITIK