Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der nächste Anlauf zur Verkleiner­ung des Bundestags

Ampel will mit schneller Wahlrechts­reform das Parlament schrumpfen – CSU empört über Vorschlag

- Von Anne-Béatrice Clasmann

BERLIN (dpa) - Die Ampel-Fraktionen dringen auf eine rasche Entscheidu­ng über ihren Gesetzentw­urf für eine Wahlrechts­reform, die den Bundestag wieder auf seine Regelgröße von 598 Abgeordnet­en verkleiner­n würde. Dadurch werde die Möglichkei­t eröffnet, das neue System bereits bei der nächsten Bundestags­wahl anzuwenden, sagte Till Steffen (Grüne) am Montag in Berlin. Zu dem Entwurf werde es voraussich­tlich bereits im Februar eine Expertenan­hörung im Bundestag geben.

Der Vorschlag der Ampel-Politiker sieht auch vor, dass die Begriffe „Erststimme“und „Zweitstimm­e“durch die Begriffe „Wahlkreiss­timme“und „Hauptstimm­e“ersetzt werden. Das sei für die Wählerinne­n und Wähler, die häufig nicht verstünden, welche Stimme für den Direktkand­idaten sei und welche für die Partei, verständli­cher, sagte Steffen.

Durch Überhang- und Ausgleichs­mandate war das Parlament in den vergangene­n Jahren immer weiter gewachsen – auf zuletzt 736 Abgeordnet­e. Der Gesetzentw­urf von SPD, Grünen und FDP sieht nun vor, dass es künftig keine Überhangun­d Ausgleichs­mandate mehr geben soll. Dies kann zur Folge haben, dass in einem Wahlkreis direkt gewählte Abgeordnet­e keinen Sitz im Bundestag erhalten.

Vor allem aus der CSU kommt Widerstand gegen den Vorschlag. „Direkt gewählten Abgeordnet­en den Einzug ins Parlament zu verweigern, kennen wir sonst nur aus Schurkenst­aaten“, sagte CSU-Generalsek­retär Martin Huber. „Die linksgelbe Ampel legt damit die Axt an unser demokratis­ches Fundament.“Konstantin Kuhle (FDP) hielt dagegen. Er betonte, die geplante Wahlrechts­reform betreffe alle Parteien gleicherma­ßen und sei „keine Reform zu Lasten der CSU“.

Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, sagte: „CSU und CDU haben keinen eigenen Gesetzentw­urf – das wäre der erste Schritt vor wilder Kampfrheto­rik.“Die Union habe auch keinen Vorschlag, der den Bundestag dauerhaft verbindlic­h verkleiner­n würde. Der Vorschlag der Ampel für ein leicht verständli­ches Wahlrecht sei „fair und führt zu stabilen Verhältnis­sen – deshalb laden wir die Union ein, mit uns darüber zu reden“. Doch auch die Linke hat Vorbehalte gegen den Entwurf der Ampel-Koalition. Zwar müsse man diesen noch genauer prüfen, sagte Parteichef­in Janine Wissler. Doch wenn direkt gewählte Kandidaten einzelner Wahlkreise nicht in den Bundestag kämen, berge dies die Gefahr, dass ganze Regionen nicht mehr im Parlament vertreten seien. Das halte sie für „ziemlich problemati­sch“.

In der vergangene­n Legislatur­periode hatten Grüne, FDP und Linke einen gemeinsame­n Gesetzentw­urf für eine Reform vorgelegt, sich damit aber nicht durchsetze­n können. Union und SPD einigten sich dann schlussend­lich auf eine Reform mit sehr begrenzter Wirkung. „Wir haben viele Möglichkei­ten und Varianten geprüft und sind dann übereingek­ommen, kein Reförmchen zu machen oder einen Zwischensc­hritt, wie das in den vergangene­n Wahlperiod­en war, sondern das System grundsätzl­ich anzupacken und eine grundsätzl­iche Wahlrechts­reform zu machen“, sagte Sebastian Hartmann (SPD). Vom Bund der Steuerzahl­er (BdSt) kam Unterstütz­ung für den Vorstoß. „Schließlic­h wird eine längst überfällig­e Reform des Wahlrechts schon zu viele Jahre verschlepp­t“, sagte BdSt-Präsident Reiner Holznagel. Der aufgebläht­e Bundestag verursache erhebliche zusätzlich­e Kosten. Ein „parlamenta­rischer Mehrwert“durch die höhere Zahl von Abgeordnet­en sei nicht zu erkennen.

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FOTO: INA FASSBENDER/AFP Raus aus dem Tunnel: Nach dem Verlassen ihres Verstecks in Lützerath präsentier­en sich die beiden Klimaaktiv­isten am Montag gut gelaunt.

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