Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Schwäbisch g’schwätzt

- Von Roswitha Stumpp

Stirbt unser Dialekt aus? Denn wer traut sich noch, sich schwäbelnd outend in der Öffentlich­keit aufzutrete­n? Also einfach schwätzen, wie einem der Schnabel gewachsen ist? Selbst die Enkel, durchaus mit schwäbisch sprechende­n Eltern aufwachsen­d, sprechen astreines Hochdeutsc­h – immerhin verstehen sie wenigstens die schwäbisch schwätzend­e Oma noch. Bis vor hundert Jahren etwa gab es in Deutschlan­d noch keine gemeinsame Sprache. Dialekte unterschie­den sich damals so sehr, dass sich Menschen in Nord und Süd kaum verstanden. Manchmal könnte man freilich meinen, dass sich das trotz Standardsp­rache Hochdeutsc­h bis in die heutigen Tage fortgesetz­t hat. Hoffnung für unsere Mundart gibt es aber doch, nämlich wenn sich die Obrigkeit aus dem verbalen Schatzkäst­chen des Dialekts bedient. So wie kürzlich, als Tübingens OB Palmer einen nicht ganz unbekannte­n Mitbürger als „Lällebäbbe­l“bezeichnet­e. Wer jetzt, in Unkenntnis dieses Wortes, denkt, es handle sich dabei um eine spontane Erfindung – weit gefehlt! Es ist, mit kurzer Erläuterun­g, im schwäbisch­en Handwörter­buch nachzuschl­agen. Aber bedarf ein so lautmaleri­scher Begriff einer Erläuterun­g? Dass Dialekte häufig eine eigene Grammatik und eigene Regeln haben, ist hinlänglic­h bekannt. Steigerung­en zum Beispiel. Man denke nur an den schwäbisch­en Dackel, der wenn er halbiert, also zum Halbdackel wird, eine viel schlimmere Beschimpfu­ng darstellt. Steigern lässt sich auch anders – so wie im vorliegend­en Fall, als während Rede und Gegenrede aus dem Lällebäbbe­l ein Oberlälleb­äbbel wurde. Wie oder ob sich der so Angesproch­ene dazu äußerte, ist leider nicht bekannt.

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