Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Pistorius prüft Leopard-Bestände
Entscheidung über mögliche Lieferung der Kampfpanzer an Ukraine steht weiter aus
RAMSTEIN (dpa) - Trotz erheblichen Drucks aus der Ukraine und von verbündeten Staaten hat die Bundesregierung immer noch nicht über die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern in das von Russland angegriffene Land entschieden. Deutschland bereite sich aber darauf vor, indem Verfügbarkeit und Stückzahl dieser Panzer nun überprüft würden, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Freitag am Rande der Ukraine-Konferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Die Entscheidung über eine Lieferung werde „so bald wie möglich getroffen“.
Die USA mahnten stärkere Unterstützung der Ukraine durch die Verbündeten an. US-Verteidigungsminister Austin sprach von einem „entscheidenden Moment“in dem Krieg.
Die Erwartungen an Deutschland bei den Ramstein-Gesprächen waren enorm. Die Ukraine hatte die Bundesregierung bereits kurz nach dem russischen Angriff erstmals offiziell um die Lieferung von Kampfpanzern gebeten. Zuletzt erhöhten europäische Verbündete den Druck auf Kanzler Olaf Scholz (SPD). Polen kündigte etwa an, den Ukrainern Leopard-Panzer im Rahmen einer Koalition überlassen zu wollen. Als Produktionsland nimmt Deutschland eine Schlüsselrolle ein. Jede Weitergabe der Panzer an die Ukraine durch andere Länder muss von der Bundesregierung genehmigt werden.
Der neue Verteidigungsminister Pistorius versuchte dem Eindruck entgegenzuwirken, Deutschland blockiere die Lieferungen: „Der Eindruck, der gelegentlich entstanden ist, es gebe eine geschlossene Koalition und Deutschland stehe im Weg dieser Eindruck ist falsch“, sagte der SPD-Politiker. Es gebe gute Gründe für die Lieferung und es gebe gute Gründe dagegen. Deutschland zögere nicht, sondern sei einfach nur vorsichtig. „Wir bereiten uns vor für den Fall der Fälle.“Die Entscheidung über eine Lieferung werde „so bald wie möglich getroffen“. Sollte die Lieferung beschlossen werden, müsse es schnell gehen, sagte Pistorius.
Die ungelöste Leopard-Frage überschattete neue Zusagen der Verbündeten an die Ukraine. Pistorius kündigte etwa ein „Frühjahrspaket“im Umfang von einer Milliarde Euro an, wodurch der Gesamtumfang der deutschen Militärhilfe seit Beginn des Kriegs auf 3,3 Milliarden Euro steige. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, dass man der Ukraine nun Hunderte neue gepanzerte Fahrzeuge, Schützenpanzer und Kampfpanzer zur Verfügung stelle.
Die Union zeigte Unverständnis angesichts des Vorgehens der Bundesregierung und warf ihr eine „Verweigerungshaltung“in der PanzerFrage vor. Fraktionsvize Johann Wadephul sagte, es sei „völlig unverständlich“, dass der neue Verteidigungsminister erst seit Freitag prüfen lasse, ob Deutschland die Panzer liefern könne. Er warnte, die Frühjahrsoffensive Russlands könnte schon bald losbrechen. „Worauf wartet Scholz?“, fragte er. POLITIK