Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tagelange Verzögerungen bei Post-Zustellung möglich
Im Tarifstreit bei der Deutschen Post will Verdi mit bundesweiten Warnstreiks den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen
BERLIN/BONN (dpa) - Wer am Samstag auf einen Brief oder ein DHL-Paket wartet, muss sich möglicherweise noch länger gedulden. Warnstreiks in den Brief- und Paketzentren sorgten schon am Freitag dafür, dass Millionen Sendungen mit Verspätung bearbeitet werden. Für Samstag hat die Gewerkschaft Verdi die Zusteller bundesweit zu ganztägigen Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Im Tarifstreit mit der Deutschen Post will Verdi mit den Warnstreiks den Druck auf den Arbeitgeber erhöhen.
Schon während des Ausstands am Freitag teilte die Post mit, dass Briefe und Pakete möglicherweise erst in der ersten Hälfte der kommenden Woche ausgeliefert werden. Von den Warnstreiks am Freitag waren laut Post bundesweit rund 2,3 Millionen Paketsendungen betroffen. Dies entspricht etwa einem Drittel der durchschnittlichen Tagesmenge. Betroffen waren auch rund 13 Millionen Briefe, was etwa ein Viertel der durchschnittlichen Tagesmenge ausmacht.
„Insgesamt sind bisher rund 16.700 Beschäftigte dem Streikaufruf gefolgt, das heißt rund ein Drittel der aktuell heute anwesenden Beschäftigten“, sagte ein Postsprecher. Die
Gewerkschaft Verdi gab die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Warnstreiks seit Donnerstagabend mit 15.000 an. Im Südwesten beteiligten sich über 3000 Beschäftigte, wie Gewerkschaftsfunktionär Andreas Henze mitteilte. Die Deutsche Post betreibt in Deutschland 82
Briefzentren, 38 Paketzentren sowie zwei internationale Postzentren. Es würden alle Paketzentren und nahezu alle Briefzentren seit Donnerstagabend ganztägig bestreikt, sagte ein Verdi-Sprecher. Punktuell gebe es bundesweit auch Warnstreiks in der Brief- und Paketzustellung.
Verdi hatte seine Mitglieder zu den Arbeitsniederlegungen aufgerufen, nachdem es in der zweiten Verhandlungsrunde für die rund 160.000 Tarifbeschäftigten aus Sicht der Gewerkschaft keine Fortschritte gegeben hatte. Die Gewerkschaft verlangt 15 Prozent mehr Geld bei einer Vertragslaufzeit
von einem Jahr. Der Post-Vorstand lehnt die Forderung als unrealistisch ab. Die Tarifverhandlungen gehen am 8. und 9. Februar weiter. Die Post hat angekündigt, dann ein Angebot vorlegen zu wollen.
Der überwiegende Teil der VerdiMitglieder bei der Post habe ein niedriges Einkommen und könne Reallohnverluste nicht verkraften, hatte Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis gesagt. Rund 140.000 der 160.000 Tarifbeschäftigten verdienten zwischen 2108 und 3090 Euro monatlich. Sie treffe die hohe Inflation besonders hart, da sie einen großen Teil ihres Einkommens für Nahrungsmittel und Energie verwenden müssten. Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 habe lediglich bei zwei Prozent gelegen. Verdi halte die Forderungen deshalb für „notwendig, gerecht und machbar“.
Die Post äußerte Unverständnis für die Warnstreiks: „Da wir bereits angekündigt haben, in der dritten Runde ein Angebot vorzulegen, sind Warnstreiks aus unserer Sicht unnötig, da sie letztlich nur zulasten unserer Kundinnen und Kunden gehen“, sagte ein Sprecher.