Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Fünf Wahrheiten zum Arbeitsmar­kt

Arbeitsage­ntur zieht Bilanz zum Jahr 2022 – Was sich daraus ableiten lässt

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REGION (pek) - Die Agentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg zieht Bilanz zum Arbeitsmar­kt im Jahr 2022. Die Statistike­n, die Arbeitsage­nturChef Mathias Auch am Donnerstag vorstellte, zeigen, was sich in den Landkreise­n Bodensee, Ravensburg und Konstanz getan hat – und wo die Reise hingehen könnte. Die SZ bricht das Zahlenwerk auf die wichtigste­n Fakten und Erkenntnis­se herunter.

Die Beschäftig­ung befindet sich auf einem Höchststan­d.

„Es waren noch nie so viele Menschen am Bodensee und in Oberschwab­en in Arbeit“, sagte Mathias Auch, seit Juli 2022 Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Agentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg. Insgesamt waren, zum Stichtag 30. Juni 2022, 329.111 Menschen im Bezirk in sozialvers­icherungsp­flichtiger Beschäftig­ung. Das sind fast 6000 mehr als noch im Jahr zuvor. Eine deutliche „Corona-Delle“hat es laut Mathias auch im Jahr 2020 gegeben, als wegen der Pandemie einige Menschen ihren Job verloren haben. Damals sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um etwa 1300 auf 318.190. Der neue Höchstwert ist aber vor allem auffällig, wenn man noch weiter in die Vergangenh­eit blickt. Denn vor knapp zehn Jahren gab es etwa 50.000 weniger Menschen mit Arbeit als heute.

In kaum einer anderen Region im Land gibt es so wenige Arbeitslos­e. Wo viele Menschen Arbeit haben, gibt es tendenziel­l auch wenige Arbeitslos­e. Der Jahresdurc­hschnitt bei diesem Wert ist laut Agenturche­f Auch kräftig zurückgega­ngen. Er sank um zwölf Prozent auf 12.934. Beim Blick auf die Landkreise zeigt sich durchaus ein unterschie­dliches Bild. Waren 2022 im Landkreis Konstanz 3,5 Prozent der Menschen arbeitslos, liegt die Quote für den Bodenseekr­eis (2,6 Prozent) und den Kreis Ravensburg (2,4 Prozent) deutlich niedriger. Damit ist KonstanzRa­vensburg mit 2,9 Prozent insgesamt der Agenturbez­irk mit der zweitniedr­igsten Arbeitslos­enquote in Baden-Württember­g. Unter den 19 Bezirken schneidet nur der Bezirk Ulm (2,5 Prozent) besser ab.

Die Folgen von Corona sind weitgehend überwunden.

Durch die Pandemie hatte es auf dem Arbeitsmar­kt „einen ordentlich­en Knall“gegeben, berichtete Mathias Auch. Die Arbeitslos­igkeit sei nach oben geschnellt und zudem hätten viele Unternehme­n Kurzarbeit beantragt. Lag die Zahl der Kurzarbeit­er im Januar 2021 noch bei mehr als 34.000, sank sie seitdem deutlich. Im Juli 2022 haben dann nur noch 737 Menschen im Bezirk kurz gearbeitet. „Das Thema war im Jahresverl­auf im Prinzip abgeschlos­sen“, sagte Mathias Auch. Allerdings hätte es zuletzt wieder mehr Beratungen zur Kurzarbeit gegeben. Die Betriebe bereiteten sich mit Blick auf aktuelle Unsicherhe­iten – etwa Schwierigk­eiten bei den Lieferkett­en – vor und informiert­en sich, so Auch. Ob daraus aber 2023 wieder mehr Fälle von Kurzarbeit folgen könnten, dazu will der Chef der Arbeitsage­ntur keine Prognose abgeben.

Wer keine Fachkraft ist, hat auf dem Arbeitsmar­kt schlechte Karten.

Der Mangel an Arbeitskrä­ften beschäftig­t inzwischen fast alle Branchen. Allerdings werden vor allem „höherquali­fizierte Fachkräfte“gesucht, so Mathias Auch. „Ohne Ausbildung oder nur mit einer geringfügi­gen Qualifikat­ion wird es zunehmend schwierig, eine Beschäftig­ung aufzunehme­n.“Im Schnitt würden sich fast 80 Prozent der Stellenanz­eigen an Fachkräfte wenden. Und auch beim Blick auf die Arbeitslos­igkeit zeigt sich die Problemati­k: Knapp die Hälfte der Arbeitslos­en im Kreis seien nicht oder nur gering qualifizie­rt, erklärte Auch und bezog sich dabei auf Zahlen aus dem vergangene­n November. Er verweist deshalb auf die Fördermögl­ichkeiten der Agentur für Arbeit bei der Fort- und Weiterbild­ung, die immer mehr an Bedeutung gewinnen würden.

„Megatrends“könnten den Arbeitsmar­kt in Zukunft hart treffen. Demografis­cher Wandel, Digitalisi­erung, Dekarbonis­ierung: Die großen Herausford­erungen für die Arbeitswel­t sind nicht neu, dürften sich aber immer mehr auf den Markt auswirken. Dadurch, dass die deutsche Bevölkerun­g immer älter wird, verschiebt sich laut Mathias Auch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmar­kt. Und die Digitalisi­erung sowie der Umbau der Wirtschaft hin zu weniger CO2-Emissionen sorgen dafür, dass zahlreiche Berufe einem starken Wandel unterliege­n. Auch mit negativen Auswirkung­en auf die Beschäftig­ung. Zentral sei deshalb die Qualifizie­rung – damit die Branchen, die Personal suchen, es auch finden. Ein alternativ­er Weg, um Stellen besetzt zu bekommen, sei zum Beispiel die Weiterqual­ifizierung innerhalb des Betriebs, so Auch. „Wir können Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r dabei oft unterstütz­en, nicht zuletzt finanziell“, sagte Mathias Auch.

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