Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Radschutzstreifen auf Landstraßen erlaubt
Südwesten will Lücken im Radwegenetz schließen – Promillegrenze für E-Scooter-Fahrer bleibt
STUTTGART/GOSLAR - Als erstes Bundesland ermöglicht BadenWürttemberg Radschutzstreifen entlang von Land- und Bundesstraßen. Die Straßenverkehrsordnung sieht dies eigentlich nur für Straßen in Orten vor, nicht außerhalb. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“hat das Südwest-Verkehrsministerium den Straßenverkehrsbehörden der Kommunen per Erlass erlaubt, solche Streifen unter bestimmten Bedingungen einzurichten. „Die Radschutzstreifen können überall dort ein wichtiger Beitrag sein, wo Lücken im Radwegenetz bestehen, ein separater Radweg nicht schnell möglich ist“, erklärte Minister Winfried Hermann (Grüne).
Die Schutzstreifen sollen laut Ministerium dazu beitragen, dem Ziel von 20 Prozent Radverkehrsanteil bis 2030 näher zu kommen. Der Entscheidung ging ein dreijähriges Modellprojekt voraus. Landesweit haben Kommunen Schutzstreifen außerhalb von Ortschaften getestet – darunter in Aalen. Die Resonanz war überwiegend positiv, erklärte nun die Arbeitsgemeinschaft Fahrradund Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg, die den Versuch durchgeführt hat.
Selbst der ADAC als stärkster Fürsprecher der Autofahrer erkennt Vorteile – obwohl auf betroffenen Straßen Tempo 70 oder ein noch geringeres gilt. Holger Bach vom ADAC Württemberg verweist jedoch auch auf eine Studie von 2021.
Demnach fühlten sich nur 17 Prozent der Radler auf derartigen Schutzstreifen sicher. „Für viele Menschen ist ein Schutzstreifen außerhalb von geschlossenen Ortschaften ungewohnt“, betonte er und forderte von der Politik, die Bürger aufzuklären. „Hier kann es durchaus zu Unsicherheiten oder sogar zu gefährlichen Überholmanövern kommen, da oft die Verkehrsregeln bei Schutzstreifen nicht bekannt sind.“
Neue Empfehlungen waren auch vom Verkehrsgerichtstag in Goslar erwartet worden. Allerdings sprachen sich die Expertinnen und Experten am Freitag gegen eine höhere Promillegrenze für E-Scooter-Fahrer und eine ärztliche Meldepflicht für ältere Führerscheininhaber aus. Für eine Straftat bei Nutzern von E-Scootern
empfahl der Verkehrsgerichtstag wie bisher eine Grenze von 1,1 Promille – ebenso wie beim Auto. Ab 0,5 Promille solle eine Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Darüber hinaus forderte der Gerichtstag, dass bei Fahrten mit 1,1 Promille nicht per se der Führerschein entzogen werden müsse. Zudem sprachen sich die Experten gegen eine ärztliche Meldepflicht fahrungeeigneter Menschen aus. Das Thema wurde im Vorfeld der Konferenz viel diskutiert. Einer der Hauptgründe gegen die Meldepflicht sei der Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient. Jedoch solle Ärzten die Möglichkeit gegeben werden, in bestimmten Fällen fahrungeeignete Menschen der Fahrerlaubnisbehörde zu melden. SÜDEN, PANORAMA