Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Auschwitz Komitee beunruhigt nach Protest gegen Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern
Das Internationale Auschwitz Komitee sieht den tumultartigen Protest gegen eine Flüchtlingsunterkunft während einer Kreistagssitzung in Grevesmühlen als von Rechtsradikalen gekapert an. „Die gestrige Demonstration in Grevesmühlen belegt einmal mehr, wie derzeit Rechtsextreme versuchen, zum Hass aufzurufen und die Demokratie zu attackieren“, sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, am Freitag. Die Bilder erinnerten ihn an die versuchte Erstürmung des Reichstagsgebäudes oder den Angriff auf das Kapitol in Washington. Bezugnehmend auf den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 fügte er an: „Gerade am heutigen Gedenktag für die Opfer des
Holocaust sollten alle Demokratinnen und Demokraten verstehen, dass sich Rechtsextreme in aller Welt in ihrem Hass und ihrer Gewaltbereitschaft gegenseitig motivieren und radikalisieren.“
Bei der außerordentlichen Sitzung des Kreistages von Nordwestmecklenburg wurde die geplante Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft für 400 Menschen im Nachbarort Upahl, der selbst lediglich 500 Einwohner hat, abgesegnet. Der Bau soll im März beginnen.
Mit Trillerpfeifen und Megafon hatten die Demonstranten (Foto: dpa) ihrem Protest gegen den Bau Luft gemacht. Es flog Pyrotechnik, Nebeltöpfe wurden gezündet. Nur mit einem Großaufgebot konnte die Polizei verhindern, dass sich die Menschen Zugang zum Kreistagsgebäude verschafften. Die Fernsehbilder von der Protestaktion, an der sich am Donnerstag Behördenangaben zufolge zwischenzeitlich bis zu 700 Menschen beteiligten, wirken bedrohlich. Die Polizei hatte ihre Kräfte vor Ort kurzfristig von 60 auf 120 verdoppelt, um die Lage unter Kontrolle halten zu können. Es gelang ihr mit Mühe.
Wie in Nordwestmecklenburg mehren sich auch in anderen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns die Proteste. In vielen Kommunen sind die Kapazitäten für die Unterbringung von Flüchtlingen erschöpft. Wohnungen sind Mangelware. Nun sollen Container-Dörfer errichtet werde, unter anderem in Upahl zwischen Wismar und Grevesmühlen. „Ich habe auch großes Verständnis für die Sorgen und Ängste der Einwohnerinnen und Einwohner von Upahl. Und wir werden alles tun, um diese zu lindern und entstehende Problemlagen mit der temporären Unterkunft zu lösen“, sagte CDU-Landrat Tino Schomann am Freitag. Der Bau der Flüchtlingsunterkunft sei eine Notlösung, geschuldet den nicht nachlassenden hohen Zuweisungszahlen. (dpa)