Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Charaktertest mit Mühe bestanden
Handballer holen Zittersieg gegen Ägypten – Nun spielen sie bei der WM um Platz fünf
STOCKHOLM (dpa) - Vor lauter Erschöpfung nach einem Kraftakt mit glücklichem Ende fehlte einigen deutschen Handballern sogar die Kraft zum Lächeln. Im Anschluss an den 35:34 (30:30, 17:14)-Erfolg nach Verlängerung gegen Ägypten rissen sie erleichtert die Arme hoch, vor allem aber bedankten sie sich beim überragenden Torhüter Andreas Wolff. Allein durch die Paraden des 31-Jährigen war die DHB-Auswahl am Freitag in Stockholm überhaupt in die Nähe des Siegs gekommen und darf nun am Sonntag um WM-Platz fünf spielen.
„Wir haben ab der 45. Minute alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Es war erschreckend, was da passiert ist“, kritisierte Kapitän Johannes Golla, nachdem eine klare Führung verspielt worden war. „Wir wurden in der ersten Halbzeit von Andi im Spiel gehalten. Was er da macht, ist natürlich Weltklasse.“
Auch deshalb lief es bis zum Beginn der zweiten Halbzeit auf einen lockeren Sieg hinaus – bis die DHBAuswahl in der Schlussphase einbrach. „Die letzte Viertelstunde war ein bisschen eine Parallele zum Frankreich-Spiel, das ist leider so“, sagte Bundestrainer Alfred Gislason, nachdem Deutschland in den letzten 15 Minuten lediglich drei Tore erzielte: „Es kam sehr wenig Gefahr aus dem Rückraum, und wir haben während des ganzen Spiels viele technische Fehler und Stürmerfouls gemacht.“
Vor der trostlosen Kulisse von 1604 Zuschauern in der riesigen Stockholmer Tele2-Fußballarena zeigte die DHB-Auswahl, für die Juri Knorr mit sieben Toren bester Werfer war, zumindest die erhoffte Siegreaktion auf die klare Viertelfinal-Niederlage (28:35) gegen Frankreich. Zum Abschluss des Turniers geht es am Sonntag gegen die Norweger, die sich gegen Ungarn mit 33:25 (16:13) durchsetzten.
Vom bitteren Viertelfinal-Aus wenige Tage zuvor war bei der DHB-Auswahl erst mal nichts zu spüren. Die deutsche Mannschaft erwischte einen überragenden Start in die Partie, das lag vor allem wieder einmal an Wolff. Der Torhüter parierte schon ab den ersten Sekunden des Spiels etliche Würfe der Ägypter. So zog Gislasons Team schnell davon. Obwohl erneut das Halbfinale eines großen Turniers verpasst wurde, will der Deutsche Handballbund den 2024 auslaufenden
Vertrag mit dem 63-Jährigen schnellstmöglich verlängern. „Ihr macht das alles sehr, sehr gut“, lobte der isländische Coach seine Akteure in einer Auszeit.
Dass Gislason zu diesem Zeitpunkt so zufrieden war, lag neben Wolff auch diesmal vor allem an Knorr. Der Regisseur dirigierte das deutsche Spiel erneut mit Bravour und sammelte zudem weitere Tore und Vorlagen. Was allerdings auch zur Wahrheit zählte: Der Rest des Teams konnte nicht dauerhaft mit den Leistungen von Wolff und Knorr mithalten.
So kamen die Ägypter immer wieder heran. Darum lag die deutsche Mannschaft zur Pause auch nur mit drei Toren vorne. Aber die Abwehr besserte sich, sodass Wolff etwas Entlastung erfuhr. Mit acht Toren führte die deutsche Mannschaft zwischenzeitlich, knapp zehn Minuten vor Schluss waren es nur noch zwei.
Die Ägypter steckten nie auf, nutzten die deutschen Schwächen und kamen in der Schlussphase der regulären Spielzeit sogar zum Ausgleich und bei einem Lattentreffer fast zum Sieg. In der Verlängerung erlöste Julian Köster mit dem Siegtreffer schließlich die DHB-Auswahl.