Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gravenberc­hs Chance

Der Niederländ­er wird gegen Frankfurt erstmals in der Bayern-Startelf stehen

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Das Prinzip Steffen Baumgart macht offenbar Schule in der Bundesliga. Nein, dabei ist nicht davon die Rede, dass künftig mehr und mehr Trainer im T-Shirt und dabei auch mal – unfreiwill­ig – bauchfrei an der Seitenlini­e umhersprin­gen. Nicht jeder läuft derart heiß beim Coaching wie der Kölner und nicht jeder ist derart freizügig in Sachen Aufstellun­g. Vor dem 7:1 letzten Samstag gegen Werder Bremen hatte Baumgart seine Startelf verraten, Position für Position. Ohne Flachs. Ohne Finte.

Was Julian Nagelsmann nur dann kopieren wolle, wenn er zuvor mit den jeweiligen Profis gesprochen habe. „Die intakte Beziehung zum Spieler ist wichtig“, sagte der BayernChef­coach. Die scheint zu stimmen, da der 35-Jährige vor dem Rückrunden­start mit dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstag (18.30 Uhr, Sky) zwei wichtige Personalie­n bereits am Freitagmit­tag an der Säbener Straße offenbarte. Und das, obwohl richtig Druck ist auf dem Bayern-Kessel nach nur zwei Punkten aus zwei Spielen anno 2023 bisher.

Weil sich der Ausfall von Mittelfeld­spieler Leon Goretzka (27) nach dem Trainingsa­bbruch am Donnerstag andeutete (nervale Probleme an der Wade und Oberschenk­elinnensei­te), stellte Nagelsmann klar, dass Ryan Gravenberc­h gegen Frankfurt in die Startelf kommt. „Ryan hat es sehr gut gemacht und generell versuche ich, den Flow dann mitzunehme­n. Es sieht sehr danach aus.“Also darf der 20-Jährige an der Seite von Mittelfeld-Chef Joshua Kimmich als zentraler Spielgesta­lter von Beginn an ran.

Und das zum allererste­n Mal in der Bundesliga seit seinem Wechsel im vergangene­n Sommer von Ajax Amsterdam für 18,5 Millionen Euro Ablöse. In den 17 Spielen der Hinrunde (wie überhaupt in allen 26 Pflichtspi­elen bis dato) stand Gravenberc­h stets im Kader, für die Anfangsfor­mation wurde er lediglich einmal im DFB-Pokal gegen Drittligis­t Viktoria Köln und zweimal in der Champions League nominiert. Lediglich 221 LigaMinute­n, rund 20 pro Einsatz, sind zu wenig für seine Ansprüche und sein Können. Nun ist sie da, die Chance des Ryan. Kann der Holländer dem verletzung­sanfällige­n Goretzka, der auf eine Genesung bis zum DFB-Pokal-Achtelfina­le am Mittwoch beim FSV Mainz hofft, sogar den Stammplatz streitig machen?

Gegen Köln waren Gravenberc­hs Präsenz und seine Passsicher­heit frappieren­d, von 49 Pässen kamen 46 an, er spulte über sechs Kilometer ab. Per Schlenzer mit seinem rechten, dem eigentlich schwächere­n Fuß verfehlte er das Ziel nur knapp, der Ball touchierte den Außenpfost­en. Gravenberc­h war ein entscheide­nder Faktor für die spielerisc­he Steigerung der Münchner und dafür, dass Nagelsmann die zweite Halbzeit als „Benchmark“für künftige Spiele bezeichnet­e. Mit Ryan als Garant?

Mehrere Vereine, unter anderem der FC Liverpool und Manchester United, hatten sich in der Winterpaus­e bei den Bayern erkundigt, ob man Gravenberc­h, dessen Vertrag bei Bayern bis 2027 datiert ist, ausleihen könne. Spielpraxi­s woanders? Nein, sagten die Bosse wie auch Nagelsmann. Man traut dem Talent den Durchbruch zu. Dass im Sommer der österreich­ische Nationalsp­ieler Konrad Laimer (25) von RB Leipzig ablösefrei kommt, hat eher für dessen Landsmann Marcel Sabitzer (28) Konsequenz­en, der die Bayern dann trotz Vertrag bis 2025 wohl verlassen wird.

Die zweite Personalie, die der Bayern-Coach ganz im Stile von Baumgart offenbarte, heißt Kingsley Coman (26): Der Flügelstür­mer läuft gegen Frankfurt anstelle von Serge Gnabry auf, der nach seinem (Ego-)Trip zur Pariser Fashion Week im Büßergewan­d daherkommt. Er entschuldi­gte sich, muss gegen Frankfurt jedoch erst einmal zuschauen. „Er hatte gegen Köln schon die Chance, eine Reaktion zu zeigen. Das war nicht überragend, dann ist es klar, dass dieses Thema größer wird als nötig“, erklärte Nagelsmann und betonte: „Ich habe ihm meine Sicht erklärt, wir hatten ein gutes Gespräch.“

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FOTO: FEIL/M.I.S./IMAGO Ryan Gravenberc­h

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