Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kompletter Neustart
Friedrichshafener Radsportlerin Liane Lippert debütiert im Februar für ihr neues Team
FRIEDRICHSHAFEN - Training, Training, Training: Liane Lippert hat in den vergangenen Wochen hart geschuftet. Gleich dreimal ging es für die Radsportlerin des RSV Seerose Friedrichshafen nach Spanien. Erst absolvierte sie privat einige Einheiten, dann mit ihrem Team Movistar und zuletzt bereitete sie sich mit dem Bund Deutscher Radfahrer auf die neue Saison vor. Auch ihr Jahresauftakt findet in Spanien statt: Am Sonntag, 5. Februar, debütiert sie bei der Vuelta a la Comunitat Valenciana Féminas für Movistar. Laut Lippert ist das ein „sehr schweres“Eintagesrennen rund um Valencia mit einem steilen Berg.
Für die 25-Jährige beginnt mit diesem Rennen ein neues Kapital. Lippert ist zum ersten Mal seit 2017 nicht für das niederländische Team DSM (vorher Team Sunweb) auf dem Fahrrad. Sie ist zu Movistar gewechselt, nach ihrer stetigen Weiterentwicklung möchte sie beim spanischen Team ihr Potenzial noch weiter ausschöpfen. Ganz viel erhofft sich Lippert von ihrer neuen Kollegin Annemiek van Vleuten. Die 40jährige Niederländerin fährt seit 2021 für Movistar und ist Olympiasiegerin, Europameisterin, mehrfache Weltmeisterin und gewann vergangenes Jahr zudem die Tour de France der Frauen. Wegen ihrer herausragenden Leistungen nennen sie die Kolleginnen ganz liebevoll „Die Außerirdische“. Lippert erhofft sich in der anstehenden Saison von der Besten zu lernen. Für van Vleuten wird es ihr letztes Jahr in ihrer Karriere sein und der erste Kontakt war sehr positiv. „Sie will ihr Wissen weitergeben“, ist Lippert glücklich.
Die Verantwortlichen des Teams halten auch ganz große Stücke auf Lippert. Ihr wird zugetraut, den bevorstehenden Abgang der Topfahrerin zu kompensieren. Das MovistarZugpferd ist im Jahr 2023 noch van Vleuten, weshalb die anderen Fahrerinnen meistens für sie fahren werden. Lippert ist sich jedoch auch sicher: „Ich werde Chancen bekommen.“Mit den hohen Erwartungen an ihre Person kann die 25-Jährige umgehen. „Ich mache mir selbst keinen Druck und bin zuversichtlich, dass ich der Rolle gerecht werden kann“, betont Lippert.
Es ist nämlich kein Zufall, dass sich Movistar mit Sitz in Egüés die Friedrichshafenerin als Nachfolgerin von van Vleuten ausgeguckt hat. Die Olympiateilnehmerin ist Kapitänin der deutschen Radsport-Frauennationalmannschaft und hat mit dem Sieg bei der U16-Junioren-Europameisterschaft (2016) sowie dem zweifachen Gewinn der deutschen Straßen-Radmeisterschaft (2018, 2022) auch schon große Erfolge vorzuweisen.
Im Vorjahr fuhr sie wahrscheinlich ihre konstanteste Saison. Sie sammelte eine Top-10-Platzierung nach der anderen. Nach ihren starken Leistungen bei den ArdennenKlassikern überzeugte sie auch bei der Tour of Scandinavia und freute sich zum Saisonabschluss im Oktober über Rang vier bei der Tour de Romandie. Bei der Straßen-Weltmeisterschaft im australischen Wollongong belegte Lippert ebenfalls den vierten Platz. Wenngleich ihr der Kurs nicht ganz in die Karten spiele, setzt sich die 25-Jährige im Jahr 2023 wieder das Ziel, „bei der WM gut zu sein“.
Zunächst einmal möchte Lippert aber wieder gut in die Saison starten. Das Trainingslager mit Movistar hat sie sportlich sehr gut genutzt, aber auch um ihre neuen Teamkolleginnen kennenzulernen. Lippert berichtet von einem „sehr positiven Umgang“.
Selbst muss sie sich stark umgewöhnen. „Es hat sich sehr viel verändert. Neuer Trainer, neues Material, neue Umgebung. Es ist ein kompletter Neustart“, sagt die Seerose-Fahrerin.
Sie wusste auch, was sie erwartet, wenn sie sich einem spanischen Team anschließt. Dort geht es gelassener als bei DSM zu, alles ist nicht ganz so eng durchgetaktet. Der Athlet selbst besitzt mehr Freiräume und muss mehr Selbstständigkeit beweisen. Trainingspläne werden außerdem im ständigen Austausch zwischen Trainer und Sportler sehr individuell ausgearbeitet. Es ist also genau das, was Lippert wollte. Sie suchte nach einer neuen Herausforderung und hat sie beim Team Movistar gefunden.