Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Von Abendmahl bis Zwingli
Vor 500 Jahren, am 29. Januar 1523, startete in Zürich die Reformation. Dazu ein kleines ABC der Begriffe aus der Zeit der Kirchenspaltung:
Abendmahl: Verwandeln sich beim Abendmahl Brot und Wein tatsächlich in Leib und Blut Christi („Transsubstantiation“)? Ist Christus in Brot und Wein lebendig anwesend, oder ist es nur eine symbolhafte Erinnerung an die biblische Szene? Katholiken, Lutheraner und Reformierte trennt nicht zuletzt diese Frage.
Bibel: Der Ausdruck „sola scriptura“(lat. für „allein durch die Schrift“) steht für den theologischen Grundsatz der Reformatoren, nach dem die christliche Botschaft hinreichend durch die Bibel vermittelt wird und nicht etwa der Ergänzung durch weitere kirchliche Überlieferungen bedarf.
Calvinismus: zählt zu den reformierten Kirchen innerhalb des Protestantismus. Begründer ist der Genfer Johannes Calvin (1509-1564).
Dienst/Amt: Für Martin Luther zählt das „Allgemeine Priestertum“aller Getauften. Die Verwaltung der Sakramente soll allen obliegen, nicht nur den Geistlichen; allerdings braucht es eine Beauftragung durch Gemeinde oder Vorgesetzten.
Evangelisch: vom altgriechischen Wort Evangelium (Frohe Botschaft) abgeleitete Bezeichnung für die lutherischen und reformierten Kirchen; auch Selbstbezeichnung für viele Freikirchen.
Gnade: Luther versteht das Gnadenhandeln Gottes vor allem als Rechtfertigung des Menschen. Nicht mit eigenen Werken kann sich der Sünder Gottes Gnade erarbeiten, sondern nur Gott selbst rechtfertigt/begnadigt ihn aus freien Stücken („sola gratia“; lat. nur durch die Gnade). In der modernen Theologie heißt es heute, die Differenzen in der Rechtfertigungs-/Gnadenlehre hätten keine Kirchenspaltung notwendig gemacht. Die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“von Vatikan und Lutherischem Weltbund von 1999, die einen Konsens in dieser Frage bestätigt, wurde inzwischen auch von Methodisten, Reformierten und Anglikanern anerkannt.
eilige: Als sozusagen institutionalisierte Vermittler zwischen Gott und den Menschen gibt es sie in den protestantischen Kirchen nicht – was nicht heißt, dass nicht Bekenner der Kirchengeschichte „wie Heilige“verehrt und hochgehalten werden; etwa Martin Luther, Frere Roger, Martin Luther King, Dietrich Bonhoeffer oder Desmond Tutu.
Interkommunion: Mit dem gemeinsamen Empfang von Brot und Wein durch Christen verschiedener Konfessionen tut sich vor allem die katholische Kirche schwer. Grund ist das theologisch sehr unterschiedliche Verständnis vom Abendmahl.
Luther: der Übervater aller Reformatoren. Einen Namen wie den seinen als amtliches Stadtattribut („Lutherstadt Wittenberg“, seit 1938) haben noch nicht mal Karl der Große in Aachen oder Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. in Marktl am Inn. Der 500. Jahrestag seines „Thesenanschlags“wurde im Jahr 2017 allumfassend (= „katholisch“) begangen.
Melanchthon: Philipp Schwartzerdt (1497-1560) spielte auch in der Bundesliga der Reformatoren und auch für Wittenberg. Als Unirektor und Professor für Altgriechisch gräzisierte er seinen deutschen Namen in Melanchthon.
Papst: Als Bischof von Rom Nachfolger des Apostels Petrus und als solcher Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, kommt ihm auch in der gespaltenen Christenheit ein gewisser Ehrenrang zu. Doch kann er in Zukunft auch ein „Primus inter pares“und eine Art „Sprecher aller Christen“ werden? Die Zustimmung zu einem solchen Ökumene-Modell ist keineswegs einhellig.
Vorreformatoren: Als „vorreformatorische Bewegungen“gelten etwa die Waldenser, John Wyclif oder der böhmische Prediger Jan Hus. Sie vertraten im 12. bis 15. Jahrhundert zum Teil Ansichten und Themen wie später die Reformatoren.
Zwingli: Der Schweizer Theologe und Prediger Huldrych Zwingli (1484-1531) stammte aus dem Dorf Wildhaus im Toggenburg und führte später in Zürich die Reformation ein. Aus der Zürcher und der Genfer Reformation ging die reformierte Kirche hervor (in Abgrenzung zum lutherischen Bekenntnis; siehe auch Calvinismus). (kna)